Ferdinand von Schirach zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Autoren und Juristen der Gegenwart. Sein Ansehen gründet auf einer einzigartigen Verbindung aus juristischer Expertise und literarischer Ausdruckskraft. Nach jahrzehntelanger Tätigkeit als Strafverteidiger gelingt es ihm, komplexe rechtliche und gesellschaftliche Fragen in eine präzise und zugleich zugängliche Sprache zu übertragen. Seine Werke zeichnen sich durch juristische Genauigkeit, aber auch durch tiefes menschliches Mitgefühl aus.
Die literarische Qualität und Wirkung seiner Texte wird international anerkannt. Der Spiegel würdigt seine außergewöhnliche Erzählkunst, die New York Times beschreibt ihn als herausragenden Stilisten, der Independent und der Daily Telegraph vergleichen ihn mit literarischen Größen wie Kafka und Kleist und zählen ihn zu den markantesten Stimmen europäischer Literatur.
Ein breites Publikum erreichte er vor allem mit den Erzählungsbänden Verbrechen und Schuld sowie den Romanen Der Fall Collini und Tabu, die millionenfach verkauft wurden. Auch seine dramatische Arbeit erlangte große Bedeutung. Das Theaterstück Terror zählt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Dramen unserer Zeit.
Für sein Werk wurde von Schirach vielfach ausgezeichnet. Er lebt in Berlin und ist weiterhin literarisch aktiv. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehören der Gesprächsband Die Herzlichkeit der Vernunft mit Alexander Kluge sowie sein persönliches Buch Kaffee und Zigaretten.
Werdegang
Geboren wurde von Schirach 1964 in München. Nach dem Abitur studierte er Rechtswissenschaften in Bonn und wurde später als Strafverteidiger in Berlin tätig. Dort vertrat er über zwei Jahrzehnte hinweg Mandanten in teilweise spektakulären Strafverfahren. Seine berufliche Erfahrung prägte sein literarisches Werk entscheidend: Von Schirach kennt das Strafrecht nicht nur aus der Theorie, sondern aus der unmittelbaren Begegnung mit Angeklagten, Opfern, Richtern und Staatsanwälten.
Vor seinen Büchern war er einem breiten Publikum kaum bekannt. In der juristischen Welt galt er jedoch als versierter Verteidiger mit einem scharfen Blick für das Menschliche hinter den Taten. Erst durch seine literarischen Arbeiten gelang ihm der Schritt ins öffentliche Bewusstsein.
Werke
Seinen literarischen Durchbruch feierte Ferdinand von Schirach 2009 mit dem Erzählband „Verbrechen“, der auf realen Fällen aus seiner Praxis basiert. Das Buch machte ihn schlagartig bekannt: Es zeigte die Grauzonen zwischen Schuld und Unschuld und führte die Leser an die moralischen und rechtlichen Grenzen des Strafrechts.
Darauf folgte 2010 der Band „Schuld“, der das Konzept fortsetzte und ihn endgültig als literarische Stimme etablierte. Weitere Werke wie „Der Fall Collini“ (2011) – ein Roman über NS-Unrecht und das Versagen der deutschen Justiz in der Nachkriegszeit – sowie „Tabu“ (2013), „Terror“ (2015) und „Kaffee und Zigaretten“ (2019) zeigten die Bandbreite seines Schaffens.
Besonders „Terror“ erlangte auch auf den Theaterbühnen große Popularität. Das Stück behandelt die Frage, ob ein Bundeswehrpilot, der ein entführtes Passagierflugzeug abschießt, um tausende Menschen zu retten, schuldig ist. Das Publikum entscheidet über Schuld oder Unschuld – und erlebt so hautnah die Zerrissenheit des Rechts zwischen Leben, Freiheit und Sicherheit.
Hintergrund all seiner Texte ist stets die Frage nach der Würde des Menschen. Von Schirach thematisiert nicht nur Verbrechen, sondern auch die Verletzlichkeit und die fundamentalen Rechte des Einzelnen. Diese Haltung fand auch in seinem Werk „Jeder Mensch“ (2021) Ausdruck, in dem er für eine Erweiterung der europäischen Grundrechte plädiert.
Fazit
Ferdinand von Schirach verbindet die juristische Welt mit der Literatur wie kaum ein anderer. Er zeigt, dass Recht nicht nur Paragrafenwerk ist, sondern zutiefst menschliche Fragen berührt. Sein Werdegang vom Strafverteidiger zum Bestsellerautor belegt, wie sehr juristische Erfahrung und literarische Gestaltungskraft zusammenwirken können. Seine Werke sind zugleich Literatur, Gesellschaftsanalyse und Einladung zum Nachdenken über Gerechtigkeit.
Was andere über Ferdinand von Schirach sagen:
"Immer wieder bin ich verwundert von Ferdinand von Schirachs Gabe, auf knappstem Raum das Widersprüchliche zu fassen, mit ein paar Worten den großen emotionalen Raum zu entwerfen. Immer wieder bin ich bis zu Tränen bewegt von dieser Kombination von unsentimentaler Genauigkeit und wunderbarer, menschenfreundlichster Empathie, die seine Texte so unvergleichlich machen." - Michael Haneke
"Ein großartiger Erzähler." - Der Spiegel

