Einordnung der südkoreanischen KI-Regulierung im internationalen Kontext
Mit dem AI Basic Act, verabschiedet Ende 2024, positioniert sich Südkorea als Vorreiter in der globalen Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI). Das Gesetz greift in vielerlei Hinsicht Regelungen des EU AI Act auf, setzt jedoch auch eigene Akzente. Die rechtsvergleichende Betrachtung beider Gesetzeswerke offenbart Parallelen, Unterschiede und Potenzial für internationale Harmonisierung.
I. Zielsetzung der südkoreanischen KI-Regulierung
Der "Basic Act on the Development of Artificial Intelligence and the Establishment of Trust" verfolgt zwei zentrale Ziele: die Förderung technologischer Innovation und den Aufbau gesellschaftlichen Vertrauens in KI-Anwendungen. Das Ministerium für Wissenschaft, Informations- und Kommunikationstechnik legt im Dreijahresrhythmus strategische Entwicklungspläne vor, die die Wettbewerbsfähigkeit des südkoreanischen KI-Sektors stärken sollen. Der Gesetzesrahmen unterstützt gezielt Start-ups und definiert rechtliche Leitplanken für den sicheren und verantwortungsvollen Einsatz von KI.
II. Struktur und Systematik des AI Basic Acts
Der AI Basic Act differenziert zwischen "High-Impact AI" und "Generative AI". Ersteres umfasst KI-Anwendungen mit erheblichem Einfluss auf Leib, Leben oder Grundrechte, während Letzteres Systeme beschreibt, die eigenständig Inhalte generieren (Texte, Bilder, Audio). Der EU AI Act verfolgt hingegen ein vierstufiges Risikomodell, das eine granularere Differenzierung ermöglicht. Die konkrete Einordnung von Anwendungen als "High-Impact AI" bleibt im südkoreanischen Gesetz unklar, orientiert sich aber vermutlich an den "Hoch-Risiko-Systemen" des EU AI Acts.
III. Rechtspflichten im AI Basic Act im Vergleich zum EU AI Act
1. Transparenzpflichten
Transparenz bildet das Fundament für Vertrauen in KI-Systeme. Artikel 31 des AI Basic Acts verpflichtet Betreiber von "High-Impact AI", klare Informationen über die Funktionsweise der Systeme bereitzustellen. Diese Pflicht erstreckt sich auch auf generative KI, um eine klare Trennung zwischen realen und synthetischen Inhalten zu gewährleisten. Vergleichbare Vorschriften finden sich in den Artikeln 50 und 86 des EU AI Acts.
2. Sorgfaltspflichten
Artikel 34 des südkoreanischen Gesetzes fordert umfassende Risikomanagementstrategien, "Explainable AI" und menschliche Aufsicht. Ergänzend verlangt Artikel 35 eine Grundrechtsfolgenabschätzung vor Markteintritt, was Parallelen zu Artikel 27 des EU AI Acts aufweist.
3. Organisationspflichten
Zur Sicherstellung regulatorischer Konformität verlangt Artikel 36 des AI Basic Acts von ausländischen Anbietern die Benennung eines lokalen Repräsentanten. Dies entspricht dem "Bevollmächtigten" gemäß Artikel 22 des EU AI Acts.
IV. Sanktionen und Durchsetzung
Ein wesentlicher Unterschied besteht im Sanktionsregime. Der AI Basic Act sieht Geldstrafen von bis zu 30 Millionen Südkoreanischen Won (ca. 20.000 EUR) vor. Der EU AI Act verhängt dagegen bei Vergehen Strafen von bis zu 35 Millionen EUR oder 7 % des weltweiten Jahresumsatzes. Der europäische Ansatz ist somit deutlich strenger.
V. Fazit
Der südkoreanische AI Basic Act und der EU AI Act verfolgen ähnliche Ziele: die Schaffung eines sicheren und vertrauenswürdigen Rahmens für KI. Beide setzen auf Transparenz-, Sorgfalts- und Organisationspflichten. Südkorea wählt dabei einen flexibleren, weniger restriktiven Weg. Ob dieser Ansatz ebenso effektiv ist wie das striktere europäische Modell, bleibt abzuwarten. Die internationale Diskussion über die optimale Ausgestaltung von KI-Regulierung könnte von diesem Vergleich erheblich profitieren.