Ob man den Freischuss im juristischen Staatsexamen wahrnehmen sollte, hängt von verschiedenen individuellen Faktoren ab, die jeder Studierende für sich abwägen muss. Der Freischuss bietet die Möglichkeit, das erste Staatsexamen unter bestimmten Voraussetzungen ohne Anrechnung auf die maximalen Prüfungsversuche zu absolvieren. Hier sind einige Vor- und Nachteile des Freischusses sowie Überlegungen, die bei der Entscheidung eine Rolle spielen sollten:
1. Vorteile des Freischusses
a) Keine Anrechnung bei Nichtbestehen
Der wohl größte Vorteil des Freischusses ist, dass ein Nichtbestehen oder ein schlechtes Ergebnis nicht auf die zulässige Anzahl der Versuche angerechnet wird. Dies bedeutet, dass man, falls der Freischuss nicht gut läuft, noch immer zwei reguläre Versuche hat (in den meisten Bundesländern). Man kann also den Freischuss als eine Art „Generalprobe“ sehen.
b) Möglichkeit zur Notenverbesserung
Selbst wenn man das Examen im Freischuss besteht, bietet die Freischussregelung oft die Möglichkeit einer Notenverbesserung durch einen Wiederholungsversuch. Dieser Wiederholungsversuch wird nicht auf die erlaubte Anzahl der Versuche angerechnet. Wenn man mit dem Freischussergebnis also nicht zufrieden ist, kann man noch einmal antreten, um eine bessere Note zu erzielen.
c) Frühe Erfahrung und Zeitersparnis
Der Freischuss erlaubt es Studierenden, das Examen frühzeitig abzulegen (oft innerhalb der Regelstudienzeit plus einem Semester). Wer sich gut vorbereitet fühlt, kann sich so potenziell Zeit sparen und schneller ins Referendariat starten, falls das Examen gut verläuft.
2. Nachteile des Freischusses
a) Zeitdruck
Um den Freischuss nutzen zu können, müssen Studierende in der Regel ihr Studium schneller absolvieren und dürfen eine bestimmte Anzahl von Fachsemestern nicht überschreiten. Dies führt dazu, dass man unter erhöhtem Zeitdruck steht, den gesamten Stoff in relativ kurzer Zeit zu bewältigen. Wer also mehr Zeit für die Stoffbewältigung oder Wiederholungen benötigt, könnte sich durch die Freischussregelung unter Druck gesetzt fühlen.
b) Fehlende Reife und Vorbereitung
Viele Studierende fühlen sich zum Zeitpunkt des Freischusses noch nicht ausreichend vorbereitet, insbesondere wenn es um die Stofftiefe und Klausurtechnik geht. Da das erste Staatsexamen eine hohe Stoffmenge und eine sehr gute Klausurtechnik erfordert, kann es sein, dass man sich mit einem zu frühen Freischuss seiner besten Chance auf eine gute Note beraubt. In der Regel verbessern sich viele Studierende durch intensives Repititorium und weitere Übungsklausuren in den Semestern nach dem Freischuss.
c) Psychische Belastung
Obwohl der Freischuss eine gewisse „Sicherheitsgarantie“ bietet, kann er dennoch psychischen Druck erzeugen. Der Gedanke, das Examen „ohne richtigen Versuch“ zu schreiben, kann für manche Studierende zu Stress führen. Zudem kann ein schlechtes Freischussergebnis das Selbstvertrauen beeinträchtigen, auch wenn man noch weitere Versuche hat.
3. Überlegungen zur Entscheidungsfindung
a) Persönliches Lernniveau und Studienverlauf
Entscheidend ist, ob man sich zum Zeitpunkt des Freischusses tatsächlich bereit fühlt. Das juristische Examen erfordert nicht nur das Beherrschen des Stoffs, sondern auch eine ausgeprägte Klausurtechnik und die Fähigkeit, in den Klausuren unter Zeitdruck komplexe Sachverhalte zu lösen. Wer sich sicher fühlt, kann den Freischuss als Chance sehen, wer hingegen noch Lücken im Wissen oder der Methodik sieht, sollte sich gut überlegen, ob der Zeitpunkt richtig ist.
b) Langfristige Planung
Wer den Freischuss als eine Art „Testlauf“ wahrnehmen möchte, sollte bedenken, dass nach dem Freischuss in der Regel weniger Zeit für den zweiten Versuch bleibt. Die Kombination von Freischuss und Notenverbesserungsversuch kann sinnvoll sein, um auf Nummer sicher zu gehen und eventuell die Note zu verbessern, falls der Freischuss nicht den gewünschten Erfolg bringt.
c) Beratung und individuelle Abwägung
Es ist ratsam, sich frühzeitig durch Fachleute beraten zu lassen. Diese können dabei helfen, das eigene Leistungsniveau realistisch einzuschätzen und zu prüfen, ob der Freischuss sinnvoll ist. Auch der Austausch mit älteren Kommilitonen, die den Freischuss gemacht haben, kann wertvolle Einblicke bieten.
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Fazit:
Ob man den Freischuss wahrnehmen sollte, ist eine individuelle Entscheidung. Für Studierende, die sich gut vorbereitet fühlen und ihr Studium effizient absolviert haben, kann der Freischuss eine hervorragende Möglichkeit bieten, frühzeitig ins Referendariat zu starten und bei Bedarf einen Notenverbesserungsversuch zu machen. Wer jedoch mehr Zeit benötigt, um sich sicher zu fühlen, sollte sich nicht durch den Freischuss unter Druck setzen lassen und lieber den regulären Prüfungszeitpunkt wählen. Außerdem sollte man mit den Ergebnissen im Probeexamen umgehen können. Sollte dies zu einer Unsicherheit führen, ist es ratsam sich beraten zu lassen, um herauszufinden woher die Unsicherheit kommt.