Während des Referendariats stehen angehende Jurist:innen vor der Herausforderung, praktische Erfahrungen zu sammeln und gleichzeitig ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Nebentätigkeiten bieten hier eine wertvolle Möglichkeit, beides zu vereinen. Allerdings variieren die Regelungen und Möglichkeiten je nach Bundesland. In diesem Beitrag beleuchten wir die Chancen und Rahmenbedingungen von Nebenjobs im Referendariat und geben Tipps, wie du das Beste aus dieser Zeit herausholen kannst.
Das Wichtigste auf einen Blick
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Die Unterhaltsbeihilfe reicht in vielen Fällen nicht aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken.
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Es gibt in allen Bundesländern spezifische Regelungen, die den Umfang von Nebentätigkeiten während des Referendariats begrenzen.
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In fast allen Bundesländern (außer Hessen) wird die Unterhaltsbeihilfe gekürzt, wenn bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden.
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Steuerliche Aspekte sind entscheidend: Wer mit einer Nebentätigkeit mehr verdient als mit der Unterhaltsbeihilfe, sollte diese als Haupttätigkeit anmelden, um unnötige Abzüge zu vermeiden.
1. Zulässigkeit von Nebentätigkeiten im Referendariat
Die Ausübung von Nebentätigkeiten während des Referendariats ist grundsätzlich erlaubt, jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft, die je nach Bundesland variieren. In der Regel muss die Nebentätigkeit genehmigt werden und darf den Ausbildungszweck nicht beeinträchtigen.
Allgemeine Grundsätze
Hauptfokus auf das Referendariat: Referendar:innen sind verpflichtet, ihre gesamte Arbeitskraft in die Ausbildung einzubringen. Stationsarbeit, Arbeitsgemeinschaften und eigenständige Vor- und Nachbereitung stehen an erster Stelle.
Vorgaben für Nebentätigkeiten: Der Umfang einer Nebentätigkeit ist je nach Bundesland streng geregelt. In vielen Fällen muss die Tätigkeit genehmigt und bei der zuständigen Behörde angezeigt werden.
Unterschiedliche Regelungen je nach Bundesland: Die Vorgaben unterscheiden sich erheblich, sowohl im Hinblick auf den zeitlichen Umfang als auch auf die Art der Nebentätigkeit. Eine juristische Tätigkeit wird oft großzügiger behandelt als eine nicht-juristische.
Regelungen in den einzelnen Bundesländern
1. Baden-Württemberg
• Juristische Tätigkeiten: bis zu 35 Stunden/Monat.
• Sonstige Tätigkeiten: bis zu 20 Stunden/Monat (in den ersten vier Monaten), danach bis zu 35 Stunden/Monat.
• Genehmigung: Erforderlich und meist im Einstellungsbescheid enthalten.
• Anzeige: Beim Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG).
• Besonderheiten: Referendar:innen mit besonderen Qualifikationen (z. B. mindestens 8 Punkte im Ersten Staatsexamen) dürfen ab dem fünften Monat bis zu 70 Stunden/Monat arbeiten.
2. Bayern
• Nicht-juristische Tätigkeiten: bis zu 9 Stunden/Woche.
• Juristische Tätigkeiten: bis zu 14 Stunden/Woche, nach den Klausuren bis zu 20 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Erforderlich.
• Anzeige: Vor Beginn beim OLG.
• Besonderheiten: Während der ersten sechs Monate müssen mindestens 5,25 Punkte im Ersten Staatsexamen vorliegen, um eine nicht-juristische Tätigkeit aufnehmen zu dürfen.
3. Berlin
• Nicht-juristische Tätigkeiten: bis zu 8 Stunden/Woche.
• Juristische Tätigkeiten: bis zu 15 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Erforderlich, Antrag beim Kammergericht.
• Besonderheiten:
• Während der vier Monate vor dem schriftlichen Examen sind maximal 10 Stunden/Woche erlaubt.
• Referendar:innen mit einer „gut“-Note im Ersten Staatsexamen dürfen bis zu 19,5 Stunden/Woche arbeiten, wenn die Tätigkeit wissenschaftlicher Natur ist.
4. Bremen
• Umfang: Bis zu 8 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Beim Präsidenten des OLG.
5. Brandenburg
• Umfang: Bis zu 43 Stunden/Monat.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Drei Wochen vor Aufnahme der Tätigkeit.
• Besonderheiten: Nebentätigkeiten sind bei unterdurchschnittlichen Leistungen unzulässig.
6. Hamburg
• Umfang: Bis zu 19,5 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Mindestens einen Monat vor Beginn der Tätigkeit.
7. Hessen
• Umfang: Bis zu 50 Stunden/Monat, abhängig von der Examensnote:
• 4,0–5,0 Punkte: maximal 25 Stunden/Monat.
• Ab 7,4 Punkten: bis zu 50 Stunden/Monat.
• Genehmigung: Erforderlich, Antrag beim OLG.
• Besonderheiten: Während der ersten Ausbildungsstelle wird eine Genehmigung nur in Ausnahmefällen erteilt.
8. Mecklenburg-Vorpommern
• Umfang: Bis zu 8 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Beim OLG.
9. Niedersachsen
• Umfang: Bis zu 8 Stunden/Woche.
• Für Korrekturassistenzen und wissenschaftliche Tätigkeiten: bis zu 46 Stunden/Monat.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Einen Monat vor Beginn beim OLG.
10. Nordrhein-Westfalen
• Nicht-juristische Tätigkeiten: bis zu 8 Stunden/Woche.
• Juristische Tätigkeiten: bis zu 10 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Erforderlich, Antrag beim OLG.
11. Rheinland-Pfalz
• Umfang: Entscheidung im Einzelfall.
• Genehmigung: Je nach Tätigkeit erforderlich.
12. Saarland
• Umfang: Bis zu 15 Stunden/Woche, nur für juristische Tätigkeiten.
• Genehmigung: Nur bei anwaltlicher Vertretung erforderlich.
• Anzeige: Beim OLG.
13. Sachsen
• Umfang: Bis zu 8 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Besonderheiten: Nebentätigkeiten sind bei unterdurchschnittlichen Leistungen oder während der ersten sechs Monate untersagt.
14. Sachsen-Anhalt
• Umfang: Keine festgelegte Obergrenze.
• Genehmigung: Erforderlich.
• Anzeige: Vor Beginn beim OLG.
• Besonderheiten: Mindestens 7 Punkte im Stationsdurchschnitt erforderlich.
15. Schleswig-Holstein
• Umfang: Bis zu 8 Stunden/Woche.
• Genehmigung: Nicht erforderlich.
• Anzeige: Beim Präsidenten des OLG.
16. Thüringen
• Nicht-juristische Tätigkeiten: bis zu 33 Stunden/Monat.
• Juristische Tätigkeiten: bis zu 43 Stunden/Monat.
• Genehmigung: Erforderlich.
• Besonderheiten: Während der ersten zwei Ausbildungsstellen wird eine Genehmigung nur in Ausnahmefällen erteilt.
2. Grundlagen der Einkommensanrechnung
• Wann erfolgt die Anrechnung?
Sobald das Einkommen aus einer Nebentätigkeit die festgelegte Anrechnungsgrenze überschreitet, wird der übersteigende Betrag von der Unterhaltsbeihilfe abgezogen.
• Warum ist die Anrechnung relevant?
In vielen Fällen führt ein höherer Nebenverdienst nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Gesamteinkommens, da die Kürzung der Unterhaltsbeihilfe den Mehrverdienst neutralisiert.
• Empfehlung:
Es ist ratsam, die Anrechnungsgrenze nicht zu überschreiten, da dies dazu führen kann, dass das zusätzliche Einkommen keinen finanziellen Vorteil bringt.
Regelungen in den Bundesländern
Die Anrechnungsmodalitäten und -grenzen variieren je nach Bundesland. Hier ein Überblick:
1. Baden-Württemberg
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: 2.103,77 €).
• Modalität: Einkünfte, die die Grenze überschreiten, werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
2. Bayern
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.502,08 €).
• Modalität: Übersteigende Einkünfte werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: 675,94 € (2023).
3. Berlin
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.537,52 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Mindestens 1.323,60 € (2023).
4. Bremen
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: 2.075,42 €).
• Modalität: Übersteigende Beträge werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
5. Brandenburg
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.523,26 €).
• Modalität: Einkünfte, die die Grenze überschreiten, werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
6. Hamburg
• Anrechnungsgrenze: 587,63 € (2023).
• Modalität: 50 % des überschreitenden Einkommens wird angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
7. Hessen
• Anrechnungsgrenze: Keine Anrechnung; die Unterhaltsbeihilfe wird nicht gekürzt.
8. Mecklenburg-Vorpommern
• Anrechnungsgrenze:
• Öffentlicher Dienst: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: ca. 2.017,50 €).
• Beamtenverhältnis: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.552,50 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Im Beamtenverhältnis bleiben 30 % der Unterhaltsbeihilfe erhalten.
9. Niedersachsen
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.276,63 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: 30 % der Unterhaltsbeihilfe.
10. Nordrhein-Westfalen
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: 2.062,76 €).
• Modalität: Übersteigende Einkünfte werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
11. Rheinland-Pfalz
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: 2.107,29 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
12. Saarland
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.955,96 €).
• Modalität: Übersteigende Einkünfte werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
13. Sachsen
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.645,10 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
14. Sachsen-Anhalt
• Anrechnungsgrenze: 500 € (2023).
• Modalität: 50 % des überschreitenden Einkommens wird angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
15. Schleswig-Holstein
• Anrechnungsgrenze: 150 % der Unterhaltsbeihilfe (2023: ca. 2.092 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
16. Thüringen
• Anrechnungsgrenze: Höhe der Unterhaltsbeihilfe (2023: 1.589,97 €).
• Modalität: Einkünfte über der Grenze werden angerechnet.
• Mindestauszahlung: Keine.
Steuern beachten: Wie du als Referendar:in Geld sparen kannst
Die Aufnahme einer Nebentätigkeit während des Referendariats kann finanzielle Vorteile bringen, birgt jedoch auch steuerliche Herausforderungen. Ohne sorgfältige Planung kann es zu unnötigen Abzügen und finanziellen Nachteilen kommen. In diesem Beitrag erfährst du, wie du steuerliche Stolperfallen vermeidest und deine Einnahmen optimierst.
Steuerklasse VI: Hohe Abzüge vermeiden
Warum Steuerklasse VI problematisch ist
Wenn du eine Nebentätigkeit neben deiner Unterhaltsbeihilfe aufnimmst, wird diese automatisch der Lohnsteuerklasse VI zugeordnet. Diese Steuerklasse führt zu besonders hohen Abzügen, da hier keine steuerlichen Freibeträge berücksichtigt werden. Die Vorteile, die für die Haupttätigkeit (Unterhaltsbeihilfe) gelten, können nicht auf die Nebentätigkeit übertragen werden.
Rückerstattung durch Steuererklärung
Die gute Nachricht: Zu viel gezahlte Steuern werden im Rahmen der jährlichen Steuererklärung erstattet. Allerdings erfolgt die Rückzahlung oft erst Monate nach Einreichung der Erklärung, was kurzfristig zu finanziellen Engpässen führen kann.
Tipp: Wenn dein Einkommen aus der Nebentätigkeit die Unterhaltsbeihilfe übersteigt, lohnt es sich, die Steuerklassen zu tauschen. In diesem Fall meldest du die Unterhaltsbeihilfe als Nebentätigkeit an und die Nebentätigkeit als Hauptbeschäftigung. Dadurch reduzieren sich die hohen Abzüge bei der Steuerklasse VI.
Steuerklasse VI und Nachzahlungen
Nachzahlungen einplanen
Referendar:innen mit zwei steuerpflichtigen Einkommensquellen (z. B. Unterhaltsbeihilfe und Nebentätigkeit) müssen oft mit Steuernachzahlungen rechnen. Das liegt daran, dass bei der Berechnung der Steuerabzüge die Gesamteinkünfte nicht vollständig berücksichtigt werden.
So bereitest du dich vor:
1. Addiere die Bruttogehälter aus beiden Tätigkeiten.
2. Berechne mit einem Brutto-Netto-Rechner, wie hoch dein Nettogehalt bei einer einzigen Einkommensquelle wäre.
3. Lege die Differenz zwischen deinem tatsächlichen Netto und dem berechneten Netto für mögliche Nachzahlungen zurück.
4. Füge einen Puffer von 10 % hinzu, da die vorausgezahlte Lohnsteuer bei Referendar:innen oft zu niedrig ist.
Minijob: Steuerfreie Alternative mit Einschränkungen
Vorteile eines Minijobs
Ein Minijob bietet eine einfache Möglichkeit, steuerliche Belastungen zu vermeiden. Der Arbeitgeber übernimmt eine pauschale Steuer- und Sozialabgabenlast, sodass der Lohn brutto wie netto ausgezahlt wird.
Einschränkungen eines Minijobs
• Maximales Einkommen: 520 € pro Monat.
• Eingeschränkte Arbeitsstunden: Ein Minijob eignet sich nur, wenn du wenige Stunden pro Monat arbeiten möchtest.
Für wen geeignet?
Ein Minijob ist ideal für Referendar:innen, die nur einen kleinen Nebenverdienst anstreben und sich nicht mit Steuerfragen beschäftigen möchten.
Steuerfreie Einkünfte:
Arbeitsgemeinschaften und Klausuren korrigieren
§ 3 Nr. 26 EStG: Steuerfreie Einnahmen
Referendar:innen können steuerfreie Einkünfte erzielen, indem sie:
• Arbeitsgemeinschaften leiten.
• Klausuren an Universitäten oder für Repetitorien korrigieren.
Diese Tätigkeiten fallen unter die sogenannte Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) und sind bis zu einer Höhe von 3.000 € pro Jahr steuerfrei.
Einschränkungen:
• Der Freibetrag deckt nur geringfügige Beschäftigungen ab.
• Überschreitest du die 3.000-€-Grenze, wird der darüber hinausgehende Betrag regulär besteuert.
Tipps zur Steueroptimierung
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Steuerklassenwechsel prüfen: Überlege, ob ein Wechsel der Steuerklassen für dich sinnvoll ist, um Abzüge zu reduzieren.
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Minijobs nutzen: Wähle eine Tätigkeit mit geringem Stundenaufwand, wenn du steuerliche Belastungen vermeiden möchtest.
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Steuerfreie Tätigkeiten bevorzugen: Setze auf Aktivitäten wie Klausurenkorrektur oder die Leitung von Arbeitsgemeinschaften, um von der Übungsleiterpauschale zu profitieren.
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Rücklagen bilden: Plane mögliche Nachzahlungen ein und lege rechtzeitig Geld zurück.
Fazit
Nebentätigkeiten während des Referendariats können wertvolle praktische Erfahrungen bieten und zur finanziellen Entlastung beitragen. Es ist jedoch entscheidend, die spezifischen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes zu beachten, notwendige Genehmigungen einzuholen und die Tätigkeit so zu wählen, dass sie den Ausbildungszweck nicht beeinträchtigt. Eine sorgfältige Planung und Abstimmung mit den Ausbildungsstellen sind daher unerlässlich.
Für eine individuelle Beratung und Unterstützung bei der Planung deines Referendariats und der Auswahl geeigneter Nebentätigkeiten steht dir unser Team gerne zur Verfügung. Buche jetzt unsere Karriereberatung und lege den Grundstein für eine erfolgreiche juristische Laufbahn!