BVerwG, Urteil vom 01.10.2025 – 2 WD 30.24
Ein Hauptfeldwebel hat in einem Personalgespräch erklärt, er fühle sich nicht mehr an seinen Treueeid gebunden und kündigte an, im Einsatzfall Befehlen nicht mehr folgen zu wollen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig bestätigte nun die disziplinarrechtliche Entfernung des Soldaten aus der Bundeswehr. Die Loslösung vom Treueeid und die angekündigte Gehorsamsverweigerung stellten eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass nur die Höchstmaßnahme gerechtfertigt sei.
Der Sachverhalt
Im Jahr 2024 verweigerte der Hauptfeldwebel zunächst die Teilnahme an einem angeordneten Impftermin gegen COVID-19. Dafür war er bereits strafrechtlich wegen Gehorsamsverweigerung verurteilt worden.
Etwa elf Monate später erklärte er in einem vertraulichen Gespräch mit seinem Bataillonskommandeur, dass er seinen Treueeid auf die Bundesrepublik Deutschland nicht länger anerkenne. Zudem machte er deutlich, dass er in einem möglichen Einsatzfall Befehle nicht befolgen werde.
Daraufhin leitete die Bundeswehr ein Disziplinarverfahren ein. Das Truppendienstgericht ordnete seine Entfernung aus dem Dienst an. Gegen diese Entscheidung legte der Hauptfeldwebel Berufung ein.
Die Entscheidung des BVerwG
Das BVerwG wies die Berufung zurück und bestätigte die Entscheidung. Nach § 7 Soldatengesetz (SG) sind Soldaten verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und für das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes einzutreten. Die bewusste Lossagung vom Treueeid verletze diese Kernpflicht in so gravierender Weise, dass nur die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme – die Entfernung aus dem Dienst – möglich sei.
Das Gericht folgte der Aussage des Bataillonskommandeurs, der den Inhalt des Gesprächs als Zeuge bestätigt hatte. Auch das Argument der Verteidigung, es habe sich um ein unzulässiges Verhör ohne ordnungsgemäße Belehrung gehandelt (§ 32 Abs. 4 Satz 5 WDO), wies das BVerwG zurück. Es habe sich vielmehr um ein vom Soldaten selbst erbetenes Personalgespräch gehandelt.
Das Gericht betonte zudem, dass die Äußerungen nicht als spontane Augenblickstat zu werten seien. Vielmehr habe das rund 80-minütige Gespräch gezeigt, dass die Aussagen auf einer gefestigten inneren Haltung des Soldaten beruhten.
Die Pflichtverletzung habe auch erhebliche dienstliche Auswirkungen gehabt: Der Hauptfeldwebel konnte nicht mehr in seinem Bataillon verbleiben, das für die schnelle Eingreiftruppe der NATO vorgesehen war.
Fazit
Das Urteil des BVerwG in Leipzig macht deutlich: Wer sich als Soldat von seinem Treueeid lossagt und die Gehorsamspflicht ablehnt, verliert zwangsläufig den Dienst in der Bundeswehr. Das Gericht stellt klar, dass die Loyalitätspflicht aus § 7 SG zu den unverzichtbaren Grundlagen des militärischen Dienstes gehört. Schon aus Gründen der Einsatzbereitschaft der Truppe bleibt in solchen Fällen kein Raum für mildere Sanktionen.
Prüfungsrelevanz
Für Studium und Referendariat ist die Entscheidung besonders relevant im Soldaten- und Disziplinarrecht:
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Pflichtenkern des Soldaten nach § 7 SG,
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disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO),
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Abgrenzung zwischen persönlicher Meinungsäußerung und grundlegender Eignungszweifel,
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Bedeutung des Treueeides für die Einsatzfähigkeit der Truppe.

