Lehrer nach Beziehung zu 14-jähriger Schülerin aus dem Beamtenverhältnis entfernt

Lehrer nach Beziehung zu 14-jähriger Schülerin aus dem Beamtenverhältnis entfernt

OVG Lüneburg, Urt. v. 28.07.2025, Az. 3 LD 9/24

 

Lehrkräfte tragen eine besondere Verantwortung gegenüber ihren minderjährigen Schülerinnen und Schülern. Kommt es zu Grenzüberschreitungen, steht regelmäßig das Vertrauen in die Integrität des gesamten Berufsstandes auf dem Spiel. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat dies in einem aktuellen Fall verdeutlicht und die Entfernung eines Studienrats aus dem Beamtenverhältnis bestätigt. Der Lehrer hatte über mehrere Monate eine intime Beziehung zu einer 14-jährigen Schülerin unterhalten – ein Verhalten, das das Gericht als schwerwiegendes Dienstvergehen wertete.

 

Der Sachverhalt

Der 47-jährige Lehrer hatte eine Schülerin über einen längeren Zeitraum regelmäßig geküsst und umarmt. Geschlechtsverkehr habe es zwar nicht gegeben, dennoch bewertete das Gericht die Handlungen als sexuelle Handlungen im disziplinarrechtlichen Sinne. Hinzu kam, dass die Schülerin psychisch instabil war (Selbstverletzungen, Essstörungen, Panikattacken). Der Lehrer nutzte das bestehende Macht- und Autoritätsgefälle bewusst aus.

Ob die Schülerin ein „Einverständnis“ signalisiert hatte, ließ das Gericht ausdrücklich offen – entscheidend sei, dass Minderjährige nicht über die nötige Reife verfügten, in ein solches Näheverhältnis wirksam einzuwilligen.

 

Rechtliche Bewertung des OVG

Das OVG sah die Wohlverhaltenspflicht aus § 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG als massiv verletzt an. Lehrkräfte haben demnach gegenüber Schülerinnen und Schülern strikte Distanz zu wahren. Ergänzend verwies der Senat auf die besondere Vorbildfunktion aus § 2 NSchG (Niedersächsisches Schulgesetz).

Zudem hatte der Lehrer dienstliche Weisungen mehrfach missachtet, den Kontakt zur Schülerin zu beenden, und seine Vorgesetzten bewusst getäuscht. Dies wertete das Gericht als vorsätzliches innerdienstliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 S. 1 BeamtStG sowie als Verstoß gegen die Folgepflicht des § 35 Abs. 1 S. 2 BeamtStG.


Milderungsgründe verneinte der Senat:

  • Eine an sich beanstandungsfreie Dienstführung wiege nicht schwer genug.

  • Eine angebliche „Blindheit vor Liebe“ stelle keinen Grund für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB dar.

  • Auch das Ausbleiben eines strafrechtlichen Verfahrens ändere nichts an der dienstrechtlichen Bewertung.

Unter Berücksichtigung von § 14 Abs. 1 NDiszG (Niedersächsisches Disziplinargesetz) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Schwere des Dienstvergehens sowie die Täuschung des Dienstherrn jede weitere Zusammenarbeit ausschlössen.


 

Konsequenz

Das OVG bestätigte die Entfernung des Lehrers aus dem Beamtenverhältnis (§ 11 NDiszG). Das Vertrauen des Dienstherrn, der Kollegen sowie der Öffentlichkeit in seine Integrität sei endgültig zerstört. Eine mildere Maßnahme – etwa eine Degradierung – kam nach Ansicht des Gerichts nicht in Betracht.


 

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung betont die strengen Maßstäbe, die an Lehrkräfte im Beamtenverhältnis gestellt werden:

  • Nulltoleranz gegenüber sexuellen Annäherungen an Minderjährige.

  • Dienstrechtliche Sanktionen sind unabhängig vom Strafverfahren.

  • Wiederherstellung des Vertrauens in die Amtsführung steht im Vordergrund.

 


 

Fazit

Das OVG Lüneburg hat ein deutliches Signal gesetzt: Für Beamte im Schuldienst gibt es keinen Raum für intime Beziehungen zu minderjährigen Schülern – auch dann nicht, wenn der Lehrer behauptet, „blind vor Liebe“ gewesen zu sein. Das Vertrauen in die Vorbildfunktion von Lehrkräften wiegt schwerer als individuelle Rechtfertigungsversuche.


 

Prüfungsrelevanz

Für Studierende und Referendarinnen bietet der Fall gleich mehrere Ansatzpunkte:

  • Beamtenrecht: Verletzung der Wohlverhaltenspflicht (§ 34 BeamtStG), Folgepflicht (§ 35 BeamtStG) und Dienstvergehen (§ 47 BeamtStG).

  • Disziplinarrecht: Maßstabsbildung nach § 14 NDiszG und Höchstmaßnahme nach § 11 NDiszG.

  • Abgrenzung zum Strafrecht: Bedeutung von §§ 20, 21 StGB bei dienstrechtlicher Bewertung.

  • Klausurklassiker: Prüfung, ob die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhältnismäßig ist.

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