Namensfreiheit nach dem Selbstbestimmungsgesetz – „Luft Feli“ als Präzedenzfall für die Grenzen ungewöhnlicher Vornamen

Namensfreiheit nach dem Selbstbestimmungsgesetz – „Luft Feli“ als Präzedenzfall für die Grenzen ungewöhnlicher Vornamen

AG Darmstadt, Beschl. v. 03.04.2025 – 50 III 8/25

 

Wie weit darf Individualität bei der Namenswahl gehen? Mit dieser Frage befasste sich das Amtsgericht Darmstadt in einem außergewöhnlichen Fall: Eine volljährige, non-binäre Person wollte ihren bisherigen Vornamen „Felix“ in „Luft Feli“ ändern lassen. Das Gericht gab dem Antrag statt – und stärkte damit das Recht auf freie Namenswahl im Rahmen des Selbstbestimmungsgesetzes.


Der Fall: Zweifel des Standesamts an der Beurkundungsfähigkeit

Die Antragstellerperson hatte Ende 2024 im Zuge einer Geschlechtsänderung nach § 2 Abs. 3 Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) beim Standesamt neue Vornamen angegeben. Statt „Felix“ sollte künftig „Luft Feli“ im Personenstandsregister eingetragen werden.

Das Standesamt äußerte jedoch Bedenken: Der Begriff „Luft“ sei „dem Wesen nach“ kein Vorname, sondern ein Substantiv, und damit nicht beurkundungsfähig. Um Rechtsklarheit zu schaffen, rief es gemäß § 49 Abs. 2 Personenstandsgesetz (PStG) das Amtsgericht Darmstadt an.


Die Entscheidung: Freiheit der Namenswahl überwiegt

Das AG Darmstadt entschied, dass der Name „Luft Feli“ zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 05.08.2008 – 1 BvR 576/07) sei bei der Namenswahl nicht entscheidend, ob der Vorname gebräuchlich oder geschlechtsspezifisch ist. Maßgeblich sei allein, ob der Name das Wohl der betroffenen Person beeinträchtige oder sie der Lächerlichkeit preisgebe.

Diese Gefahr sah das Gericht nicht. „Luft Feli“ sei zwar ungewöhnlich, aber nicht anstößig oder herabwürdigend. Außerdem sei der Name bereits im sozialen Umfeld der Antragstellerperson etabliert. Das spreche gegen eine mögliche gesellschaftliche Diskriminierung.


Vergleich zu „Wolke“

Das Gericht zog eine Parallele zu bekannten Fällen wie dem Vornamen „Wolke“, den das Bundesverfassungsgericht bereits 2008 als zulässig anerkannt hatte. Auch dort war die Begründung: Ungewöhnlichkeit allein mache einen Namen nicht unzulässig. Durch Prominenz und gesellschaftliche Akzeptanz könne sich ein Name rasch in den allgemeinen Sprachgebrauch einfügen – so auch bei „Luft Feli“.


Fazit: Individualität darf sichtbar werden

Mit dieser Entscheidung stärkt das AG Darmstadt das Persönlichkeitsrecht und die Ausdrucksfreiheit bei der Namenswahl. Solange keine objektive Gefahr für das Wohl oder die Würde des Namensträgers besteht, überwiegt das Selbstbestimmungsrecht auch bei unkonventionellen Vornamen.


Prüfungsrelevanz für das Jurastudium und Referendariat:

Der Beschluss ist besonders relevant für das Personenstandsrecht (§ 49 PStG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie die Rechtsprechung zur Namensfreiheit. Zudem verdeutlicht er die Bedeutung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes und dessen praktische Umsetzung in der Verwaltungspraxis.

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