VG Lüneburg, Urteil vom 18.11.2025 – 3 A 15/25
Der Rundfunkbeitrag gehört seit Jahren zu den umstrittensten Abgaben in Deutschland. Immer wieder versuchen sogenannte „Beitragsblocker“, sich mit grundsätzlichen Argumenten gegen die Zahlungspflicht zu wehren. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat nun in einer Grundsatzentscheidung eine Vielzahl gleichgelagerter Klagen abgewiesen und die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung erneut bestätigt.
Sachverhalt
Beim VG Lüneburg waren über 100 Klagen anhängig, die sich gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags richteten. Die Kläger nutzten dabei ein im Internet verbreitetes Musterschreiben. Inhaltlich argumentierten sie, der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfülle seinen Programmauftrag nicht mehr. Es fehle an einer ausgewogenen, meinungspluralistischen Berichterstattung, insbesondere bei Themen wie der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg oder internationalen Organisationen. Einzelne Formate wie das „ZDF Magazin Royale“ wurden ausdrücklich als nicht beitragsrelevant kritisiert.
Aus dieser vermeintlichen programmlichen Schieflage leiteten die Kläger ab, der Rundfunkbeitrag sei verfassungsrechtlich nicht mehr gerechtfertigt, da es an einer relevanten Gegenleistung fehle.
Die Entscheidung des VG Lüneburg
Das Verwaltungsgericht Lüneburg folgte dieser Argumentation nicht. Mit Urteil vom 18. November 2025 wies es die Klagen ab und bestätigte die Beitragspflicht.
Das Gericht stützte sich dabei auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach ist die Erhebung des Rundfunkbeitrags erst dann verfassungsrechtlich problematisch, wenn das Gesamtprogrammangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über einen längeren Zeitraum hinweg die Anforderungen an Vielfalt und Ausgewogenheit gröblich verfehlt.
Ein solcher Ausnahmefall lag nach Auffassung des VG Lüneburg nicht vor.
Keine Beitragspflichtprüfung anhand einzelner Sendungen
Besonders deutlich wies das Gericht darauf hin, dass einzelne Sendungen oder punktuelle Defizite nicht ausreichen, um die Beitragspflicht in Frage zu stellen. Maßgeblich sei stets das Gesamtangebot aller öffentlich-rechtlichen Sender, Formate und Inhalte. Etwaige Defizite einzelner Programme könnten durch andere Angebote ausgeglichen werden.
Auch der Vortrag der Kläger zur Corona-Berichterstattung überzeugte das Gericht nicht. Ein Großteil der Kritik bezog sich auf Zeiträume außerhalb des rechtlich maßgeblichen Zwei-Jahres-Zeitraums. Zudem richtete sich die Argumentation häufig gegen die politischen Maßnahmen selbst und nicht gegen die Art und Weise der journalistischen Berichterstattung.
Keine Pflicht zur Gutachtenerhebung
Das VG Lüneburg sah sich auch nicht verpflichtet, ein Sachverständigengutachten zur Programmvielfalt einzuholen oder das Verfahren auszusetzen, bis die Kläger ein eigenes Gutachten vorlegen. Die pauschalen Vorwürfe genügten nicht, um eine vertiefte Beweisaufnahme zu rechtfertigen. Die Berufung ließ das Gericht nicht zu.
Rechtliche Einordnung
Die Entscheidung fügt sich nahtlos in die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Rundfunkbeitrag ein. Sie verdeutlicht erneut, dass programmliche Kritik grundsätzlich nicht im Beitragsverfahren, sondern allenfalls im Rahmen der Rundfunkaufsicht oder medienrechtlicher Verfahren relevant sein kann.
Für die Beitragspflicht selbst gilt ein hoher verfassungsrechtlicher Stabilitätsmaßstab. Solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt ein vielfältiges und ausgewogenes Programm anbietet, bleibt der Rundfunkbeitrag geschuldet – unabhängig von individuellen politischen oder inhaltlichen Bewertungen.
Bedeutung für Praxis und Studium
Für die Praxis ist die Entscheidung ein klares Signal an Beitragsblocker und Behörden gleichermaßen. Musterschreiben und pauschale Programmkritik sind kein erfolgversprechender Ansatz, um sich der Beitragspflicht zu entziehen.
Für Studium und Examensvorbereitung ist der Fall besonders geeignet, um das Zusammenspiel von Rundfunkfreiheit, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und verwaltungsgerichtlicher Kontrolldichte zu verstehen. Prüfungsrelevant sind insbesondere die Maßstäbe zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags und die Bedeutung des Gesamtprogramms.
Fazit
Die Zahlungspflicht für den Rundfunkbeitrag entfällt nicht schon dann, wenn einzelne Sendungen oder redaktionelle Linien kritisiert werden. Erst ein dauerhaftes, gravierendes Versagen des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks könnte die Beitragspflicht in Frage stellen. Davon ist die aktuelle Programmlandschaft nach Auffassung des Gerichts weit entfernt.

