BGH, Beschluss vom 22.09.2025 – AnwZ (Brfg) 28/25
Wer einmal seine Zulassung zur Anwaltschaft verliert, hat grundsätzlich die Möglichkeit, nach einer gewissen Zeit erneut zugelassen zu werden. Der Fall, den der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden hat (Beschl. v. 22.09.2025, AnwZ (Brfg) 28/25), zeigt jedoch deutlich: Die bloße Zeit, die seit der Verurteilung vergeht, garantiert keine Rückkehr in den Beruf. Entscheidend bleibt, ob der Bewerber seine persönliche Integrität wiederhergestellt hat – und das erfordert mehr als das bloße Abwarten.
Worum ging es?
Ein Jurist hatte jahrelang als Rechtsanwalt gearbeitet, bis das Landgericht Saarbrücken ihn 2010 wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs verurteilte. Gemeinsam mit Mittätern hatte er fingierte Verkehrsunfälle abgerechnet und Versicherer um rund 88.000 Euro geschädigt. Neben der Freiheitsstrafe (auf Bewährung) verlor er auch seine Anwaltszulassung.
17 Jahre später wollte er zurück in den Beruf. Er argumentierte, er lebe inzwischen in geordneten Verhältnissen, führe ein unauffälliges Leben und habe die Vergangenheit hinter sich gelassen. Die Rechtsanwaltskammer lehnte den Antrag ab, ebenso der Anwaltsgerichtshof des Saarlandes – und nun bestätigte auch der BGH diese Entscheidung.
Warum reichte der Zeitablauf nicht aus?
Nach § 7 Satz 1 Nr. 5 BRAO kann die Wiederzulassung versagt werden, wenn der Antragsteller unwürdig ist, den Beruf wieder auszuüben. Unwürdigkeit meint nicht nur moralisches Fehlverhalten in der Vergangenheit, sondern vor allem, ob heute begründete Zweifel an der Integrität bestehen.
Der BGH betonte: Auch wenn viele Jahre seit der Straftat vergangen sind, genügt das nicht. Es muss erkennbar sein, dass der Bewerber sein früheres Verhalten reflektiert, Verantwortung übernimmt und sich ernsthaft um Wiedergutmachung bemüht hat. An genau diesem Punkt scheiterte der Jurist.
Das zentrale Problem: fehlende Wiedergutmachung
Von dem Schaden in Höhe von 88.000 Euro hatte der Betroffene nur rund 9.800 Euro zurückgezahlt – und das auch nicht freiwillig, sondern aufgrund eines vollstreckbaren Titels. Er hatte:
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nicht aus eigener Initiative Zahlungen angeboten,
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keinen Kontakt zu den geschädigten Versicherungen gesucht,
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und sich auf Verjährung und bürokratische Umstände berufen.
Für den BGH zeigte das deutlich, dass keine ernsthafte Reue vorliegt. Wer sich lediglich auf formale Argumente zurückzieht, statt Verantwortung zu übernehmen, hat seine berufsethische Haltung nicht nachhaltig geändert.
Kein lebenslanges Berufsverbot
Wichtig ist: Die Entscheidung bedeutet kein endgültiges Aus. Der BGH betonte ausdrücklich, dass eine Wiederzulassung zu einem späteren Zeitpunkt weiterhin möglich bleibt – etwa wenn echte Wiedergutmachungsbemühungen erfolgen.
Dass der Bewerber inzwischen 73 Jahre alt ist, spielt rechtlich keine Rolle. Maßgeblich bleibt allein die Entwicklung seiner persönlichen Zuverlässigkeit.
Fazit
Der Fall macht klar: Für den Beruf des Rechtsanwalts genügt es nicht, juristisch versiert zu sein. Entscheidend ist das Vertrauen in die Integrität des Berufsstandes.
Wer dieses Vertrauen einmal nachhaltig verspielt, muss aktiv daran arbeiten, es wiederherzustellen. Zeit heilt vieles – aber keine fehlende Reue.

