BGH, Beschluss vom 13.08.2025 – 4 StR 308/25
Wer ein Mobiltelefon lediglich an sich nimmt, um es als Beweis für eine vermutete Affäre zu nutzen, handelt nicht automatisch mit Zueignungsabsicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat deshalb eine Verurteilung wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls aufgehoben. Das Landgericht (LG) Essen muss den Fall neu verhandeln.
Der Sachverhalt
Im Bezirk des LG Essen stieg ein Mann – gemeinsam mit seinem Sohn – auf einem Parkplatz in das Auto eines Fremden. Er ging davon aus, dass es sich bei diesem um die Affäre seiner Frau handelte. Der Täter bedrohte den Mann mit einem Messer und einer Benzinflasche, hielt ihm das Messer an den Hals und überschüttete ihn mit Benzin. Dabei nahm er dessen Handy von der Mittelkonsole an sich.
Unter massiven Drohungen kündigte der Täter außerdem an, die Tochter des Opfers zu entführen und sexuell zu missbrauchen. Trotz einer Attacke mit Pfefferspray durch den Sohn gelang es dem Opfer, das Auto zu starten. Der Täter sprang aus dem Fahrzeug und verlor dabei das Handy, von dem später jede Spur fehlte.
Das LG Essen hatte den Mann wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Entscheidung des BGH
Der 4. Strafsenat des BGH hob das Urteil insoweit auf, als es den Vorwurf des räuberischen Diebstahls betraf. Entscheidend fehle es an der nach § 242 StGB erforderlichen Zueignungsabsicht.
Nach Auffassung des Gerichts sei die Absicht, das Handy nur kurzfristig in Besitz zu nehmen, um die Affäre der Ehefrau zu überprüfen, nicht ausreichend. Eine Zueignungsabsicht setzt voraus, dass der Täter die Sache dauerhaft oder zumindest für eine gewisse Zeitspanne dem eigenen Vermögen zuführen will. Wer das Handy jedoch lediglich zu Beweiszwecken nutzen und sich anschließend wieder entledigen will, handelt nicht mit Zueignungsabsicht.
Die Begründung des LG, wonach das bloße Einstecken des Telefons bereits eine Zueignungsabsicht indiziere, sei nicht tragfähig. Das Einstecken könne auch mit einem eng begrenzten Besitzwillen erklärbar sein. Ohne weitere Anhaltspunkte könne hieraus nicht auf einen Aneignungswillen geschlossen werden.
Fazit
Der BGH verdeutlicht mit dieser Entscheidung die Abgrenzung zwischen bloßem Besitzwillen und Zueignungsabsicht. Für einen Diebstahl – und damit auch für den räuberischen Diebstahl – genügt es nicht, wenn eine Sache nur kurzfristig für einen bestimmten Zweck an sich genommen wird. Entscheidend ist der Wille, den Eigentümer dauerhaft aus seiner Stellung zu verdrängen.
Prüfungsrelevanz
Für Jurastudierende und Referendare ist der Fall ein wichtiges Beispiel für die Anforderungen an die Zueignungsabsicht bei Diebstahlsdelikten:
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Abgrenzung zwischen Besitzbegründung und Aneignungsabsicht,
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Prüfung der subjektiven Tatseite bei § 242 StGB und § 252 StGB,
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Bedeutung von Motivlagen für die Bestimmung des Vorsatzes.

