Penis-Amputation im SM-Studio: Die Zustimmung des Opfers legitimiert keine Verstümmelung des Geschlechtsorgans im Rahmen einer Sado-Maso-Szene.

Penis-Amputation im SM-Studio: Die Zustimmung des Opfers legitimiert keine Verstümmelung des Geschlechtsorgans im Rahmen einer Sado-Maso-Szene.

Ein aktueller Fall aus Österreich sorgt für erhebliche Aufmerksamkeit – nicht nur wegen der drastischen Tatsachen, sondern vor allem wegen der dahinterstehenden strafrechtlichen Fragen. Ein 39-jähriger Deutscher wurde in Klagenfurt zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er in einem Berliner Sado-Maso-Studio bei einer Penis-Amputation assistierte. Das Urteil wirft zentrale Fragen des Strafrechts auf:

  • Wie weit reicht Einwilligung?
  • Wo liegen die Grenzen medizinischer Laien?
  • Und warum spielte Deutschland in diesem Verfahren keine Rolle?

 

Hintergrund: Die Tat und das Setting

Der Angeklagte lebte in Österreich, stammte aus Traunstein und bewegte sich in einer Community von Menschen, die den Wunsch haben, „geschlechtslos“ zu leben. Über eine Online-Plattform traf er 2019 auf ein Opfer, das sich ebenfalls eine solche Amputation wünschte.

Die „Operation“ fand in einem Berliner Sado-Maso-Studio statt – ohne Ärzte, ohne sterile Bedingungen, aber mit einem klaren gemeinsamen Plan. Eine inszenierte „Vergewaltigungsszene“ ging dem Eingriff voraus. Der Haupttäter wurde inzwischen in London verurteilt; der nun verurteilte Mann fungierte als Assistent.

Der Angeklagte gab an, er habe nicht gewusst, dass medizinische Eingriffe durch Laien verboten sind – und habe „etwas Gutes tun“ wollen. Zusätzlich hatte er sich selbst zuvor das eigene Geschlechtsteil entfernt.

Ein zentraler Aspekt des Falles betrifft die Reichweite der Einwilligung. Zwar kann eine Person grundsätzlich in eine Körperverletzung einwilligen, doch gilt dieser Grundsatz nicht unbegrenzt. Dort, wo die körperliche Integrität irreversibel zerstört wird – etwa durch schwerste Verstümmelungen –, ist eine Einwilligung nach herrschender Meinung unwirksam. Die Rechtsordnung schützt den Menschen selbst vor extremen, endgültigen Eingriffen, selbst wenn diese freiwillig gewünscht werden. Dieser Schutzauftrag des Staates bildet die dogmatische Grenze zu autonom gewünschten Selbstschädigungen.


Medizinische Eingriffe sind Fachpersonal vorbehalten

Selbst wenn eine Person eine Körperveränderung ausdrücklich wünscht, dürfen operative Eingriffe nur von geschultem medizinischem Personal vorgenommen werden. Medizinische Laien sind von solchen Eingriffen kategorisch ausgeschlossen, ganz gleich, ob ein Einverständnis vorliegt oder nicht. Diese gesetzliche Beschränkung dient dem Schutz vor erheblichen Gesundheitsgefahren, Infektionen und strukturellem Missbrauch. Dass die Amputation in einem Sado-Maso-Studio durchgeführt wurde, verdeutlicht die Unzulässigkeit: Ein solches Umfeld ist weder medizinisch geeignet noch rechtlich legitimiert, chirurgische Eingriffe vorzunehmen.


Warum Deutschland nicht ermittelt hat

Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Eingriff zwar in Berlin stattfand, deutsche Behörden aber keine Ermittlungen einleiteten. Als Gründe werden genannt, dass das Opfer zu keiner Aussage bereit war, Hinweise aus Deutschland ausblieben und die entscheidenden Informationen erst über Ermittlungen der britischen Behörden bekannt wurden. Dadurch blieb Deutschland trotz Tatortbezug strafprozessual außen vor.


Strafrechtliche Problemfelder für Studierende

Der Fall eignet sich hervorragend als Beispiel, um klassische strafrechtliche Dogmatik in einem extremen, aber lehrreichen Kontext zu analysieren. Er behandelt insbesondere:

  • Die Grenzen der Einwilligung (§ 228 StGB)
    Der Fall zeigt, dass eine Einwilligung in eine Körperverletzung trotz Zustimmung rechtswidrig sein kann, wenn der Eingriff das Schutzgut der körperlichen Integrität in seiner Substanz zerstört.

  • Medizinische Heilbehandlung vs. schwerer operativer Eingriff
    Die Abgrenzung zwischen therapeutisch indizierter Behandlung und chirurgischer Verstümmelung ist zentral: Ein Laie darf faktisch gar keine medizinischen Eingriffe vornehmen.

  • Objektive Zurechnung bei Selbstverstümmelung
    Spannend ist die strafrechtliche Frage, wie Beteiligte behandelt werden, wenn eine Person eine andere bei einer freiwillig gewünschten Selbstverstümmelung unterstützt. Die klassische Lehre zur objektiven Zurechnung bietet hier vielfältige Angriffspunkte.

  • Internationale Bezüge und grenzüberschreitende Strafverfolgung
    Mit Tatort in Deutschland, Täter in Österreich und Hinweisen aus Großbritannien zeigt der Fall exemplarisch, wie komplex internationale Strafverfolgung werden kann – und wie schnell eine Staatsanwaltschaft mangels Aussagebereitschaft oder Beweisen keine Handhabe hat.


Fazit: Ein extremer Fall mit hoher Lernrelevanz

Der Fall verbindet ungewöhnliche Tatsachen mit hochrelevanter strafrechtlicher Dogmatik. Er zeigt deutlich, dass der Staat die körperliche Integrität auch gegen den ausdrücklichen Willen schützt, dass Laien medizinisch nichts dürfen und dass internationale Strafverfolgung nicht selbstverständlich ist. Für juristische Prüfungen ist dieser Fall daher ein seltenes, aber äußerst lehrreiches Beispiel.

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