Die Diskussion um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Studium und Prüfungen erreicht nun auch die juristische Ausbildung. Die Universität Regensburg hat konkrete Leitlinien für den Umgang mit KI in schriftlichen Prüfungsleistungen veröffentlicht. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, den wissenschaftlichen Standard zu wahren und zugleich Studierende auf den beruflichen Alltag vorzubereiten, in dem KI eine zunehmende Rolle spielen wird.
KI als Hilfsmittel: Erlaubt, aber nicht ungeprüft
Die Fakultät betont ausdrücklich: Der Einsatz von KI ist nicht grundsätzlich verboten. Studierende dürfen ChatGPT und andere Sprachmodelle nutzen – allerdings nicht, um ganze Textpassagen ungeprüft zu übernehmen. Vielmehr sollen KI-generierte Inhalte nur als Einstieg in die Recherche dienen. Eine kritische Prüfung anhand seriöser rechtswissenschaftlicher Quellen ist zwingend. Hintergrund ist die Gefahr des sogenannten „halluzinierten Rechts“: KI kann Rechtsnormen oder Gerichtsentscheidungen erfinden oder verfälschen. Studierende bleiben für alle Inhalte verantwortlich, auch wenn diese aus einem digitalen Assistenten stammen.
Pflicht zur Kennzeichnung
Besonderes Gewicht legen die Leitlinien auf die Transparenzpflicht. In einem Anhang zur Prüfungsleistung müssen Studierende darlegen, welche Hilfsmittel sie eingesetzt haben und in welchem Umfang. Werden fremde Gedanken durch KI umformuliert, ist dies zusätzlich in einer Fußnote und im Literaturverzeichnis kenntlich zu machen. Beispiel: „Einsatz von ChatGPT, um wissenschaftliche Literatur umzuformulieren.“ Gleiches gilt für strukturellen Input, etwa wenn eine KI bei Gliederungsvorschlägen hilft.
Was erlaubt ist – und was nicht
Die Vorgaben differenzieren zwischen klassischen Hilfsmitteln und KI-gestützten Systemen:
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Rechtschreib- und Grammatiktools wie Word, Duden-Mentor oder Pages sind ohne Kennzeichnung nutzbar.
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Auch Suchmaschinen (Google, Bing) und juristische Datenbanken (beck-online, juris) dürfen frei verwendet werden.
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Gleiches gilt für Kontrollsoftware (Turnitin), Zitierprogramme (Citavi, Zotero) und Spracherkennungstools (Dragon Professional).
Nicht erlaubt ist dagegen das verdeckte Paraphrasieren ganzer Textabschnitte durch KI mit anschließend nur allgemeinem Literaturverweis. Hier sehen die Regensburger Rechtslehrer die Gefahr eines verdeckten Plagiats.
Ziel: Vorbereitung auf die Berufspraxis
Juniorprofessorin Anna K. Bernzen betont, dass es nicht darum geht, KI aus dem Studium zu verbannen. Vielmehr sollen die Studierenden lernen, wie man KI sinnvoll und verantwortungsvoll einsetzt – und wo ihre Grenzen liegen. Damit reagiert die Fakultät auf eine Realität, in der Jurist:innen künftig kaum ohne digitale Assistenzsysteme auskommen werden.
Fazit
KI ist in Prüfungen nicht per se Schummeln – aber nur dann zulässig, wenn ihr Einsatz transparent offengelegt wird und die Inhalte kritisch überprüft werden. Die Leitlinien der Uni Regensburg zeigen einen Mittelweg: Studierende sollen lernen, KI verantwortungsvoll einzusetzen, ohne den wissenschaftlichen Anspruch zu unterlaufen. Damit schafft die Fakultät ein Modell, das auch für andere Universitäten Vorbildcharakter haben dürfte.