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Zwei Noten für die gleiche Hausarbeit – Der Fall eines Jurastudenten zeigt Schwächen im Bewertungssystem

Jurastudent Oskar Radhauer aus Freiburg sorgte für Diskussionen, als er für dieselbe Hausarbeit zwei unterschiedliche Noten erhielt. Der Vorfall beleuchtet grundlegende Probleme im juristischen Bewertungssystem, von externen Korrektoren bis hin zu den Bewertungsstandards, die Spielraum für Subjektivität lassen.

Der Fall: Wie es zu zwei Noten kam

Oskar Radhauer gab aus Vorsicht seine Hausarbeit gleich zweimal ab. Nachdem er befürchtete, dass sein erster Postversand nicht rechtzeitig ankommen würde, reichte er ein zweites Exemplar persönlich ein. Beide Versionen wurden unabhängig voneinander bewertet – mit überraschendem Ergebnis: Das erste Exemplar erhielt nur 5 Punkte (knapp bestanden), das zweite 9 Punkte (eine solide Leistung).

Radhauer kritisiert diese gravierende Diskrepanz. „Es ist unfassbar, dass die gleiche Arbeit so unterschiedlich bewertet wird. Das zeigt, wie unfair das System ist“, sagt er.

Warum das System anfällig für Ungerechtigkeiten ist

Externe Korrektoren

An vielen juristischen Fakultäten, wie auch in Freiburg, werden Hausarbeiten oft von externen Korrekturassistenten bewertet. Diese sind häufig junge Jurist:innen, die pro Arbeit bezahlt werden. Laut Radhauer und Prüfungsamtsleiter Daniel Kachel führt dies zu einem Anreiz, möglichst schnell zu arbeiten, was die Qualität der Bewertungen beeinträchtigen kann.

„Die Bezahlung ist so niedrig, dass man, wenn man sich wirklich Mühe gibt, weniger verdient“, erklärt Kachel. Dies könne dazu führen, dass die Arbeiten oberflächlich oder inkonsistent korrigiert werden.

Subjektive Bewertung und Meinungsstreitigkeiten

Juristische Arbeiten sind häufig textbasiert und argumentativ. Es gibt oft keine eindeutigen Antworten, da Meinungsstreitigkeiten und Schwerpunktsetzungen eine wichtige Rolle spielen. Dies lässt Korrektor:innen Spielraum in der Bewertung, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

„Jura ist nicht wie Mathematik. Es gibt selten ein klares Richtig oder Falsch“, so Kachel. „Es kommt auf die Argumentation und die Schwerpunktsetzung an.“

Mangelnde Transparenz

Der Fall zeigt auch Defizite in der internen Kommunikation und Organisation. Trotz einer Anmeldeliste wurde nicht überprüft, dass die Hausarbeit doppelt vorlag. Zudem verschwand laut Radhauer eines der Exemplare nachträglich spurlos.

„Das wirkt ein bisschen wie Unterschlagung“, äußert sich Radhauer. „Es sieht so aus, als wolle man vermeiden, dass der Fall weiter untersucht wird.“

Remonstration: Ein Weg zur Notenänderung

Die Möglichkeit der Remonstration, also des Widerspruchs gegen eine Bewertung, zeigt ebenfalls die Subjektivität im Bewertungssystem. Kachel gibt an, dass 30 bis 50 Prozent der Remonstrationen erfolgreich sind und zu einer Änderung der Note führen.

Radhauer nutzte ebenfalls diesen Weg, indem er seinen Fall zunächst mit seinem Dozenten und später mit dem Professor besprach. Am Ende wurde seine Arbeit mit 8 Punkten bewertet – ein Ergebnis, mit dem er zufrieden ist. Doch der Fall bleibt für ihn ein Symbol für die Schwächen des Bewertungssystems.

Lösungsansätze: Wie das System verbessert werden könnte

Der Fall zeigt klar, dass Reformen im juristischen Bewertungssystem notwendig sind. Folgende Maßnahmen könnten helfen, mehr Fairness und Transparenz zu schaffen:

  • Bessere Bezahlung und Schulung der Korrektoren: Eine angemessene Vergütung und regelmäßige Schulungen könnten die Qualität der Bewertungen verbessern.

  • Doppelkorrekturen: Gerade bei Arbeiten mit Meinungsstreitigkeiten könnte eine zweite Bewertung durch einen unabhängigen Korrektor die Objektivität erhöhen.

  • Klare Bewertungskriterien: Einheitliche und transparente Standards könnten helfen, die Subjektivität in der Bewertung zu reduzieren.

  • Digitalisierung: Die digitale Abgabe und zentrale Archivierung könnten Fälle wie das Verschwinden von Arbeiten verhindern.

Fazit: Ein System mit Verbesserungsbedarf

Der Fall Radhauer zeigt, wie wichtig Transparenz und Fairness im juristischen Bewertungssystem sind. Zwei unterschiedliche Noten für dieselbe Arbeit stellen nicht nur die Qualität der Korrekturen infrage, sondern auch das Vertrauen in das gesamte System.

Für Studierende ist es entscheidend, dass ihre Leistungen objektiv und nachvollziehbar bewertet werden. Hochschulen müssen daher ihre Prozesse überdenken, um solche Fälle künftig zu vermeiden. Wie Oskar Radhauer zeigt, braucht es Studierende, die solche Missstände sichtbar machen, um echte Veränderungen zu bewirken.

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