Reform: Bei einer Fehlgeburt gilt die gesetzliche Schutzfrist des MuSchG nun ab der 13. (vorher 24.) Schwangerschaftswoche

Reform: Bei einer Fehlgeburt gilt die gesetzliche Schutzfrist des MuSchG nun ab der 13. (vorher 24.) Schwangerschaftswoche

Reform des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) im Juni 2025

Bislang galt in Deutschland: Ein gesetzlicher Mutterschutz nach einer Fehlgeburt bestand nur, wenn diese ab der 24. Schwangerschaftswoche oder bei einem Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm erfolgte. Frauen, die früher eine Fehlgeburt erlitten, mussten in der Regel direkt wieder arbeiten – oder sich krankmelden lassen. Mit der Reform des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) im Juni 2025 hat der Gesetzgeber diese Schutzlücke geschlossen: Ab der 13. Schwangerschaftswoche gilt nun auch bei einer Fehlgeburt eine gesetzliche Schutzfrist.

Diese Neuerung hat weitreichende Folgen – nicht nur für Arbeitnehmerinnen, sondern auch für Studentinnen, Referendarinnen und Arbeitgeber.

 

I. Bisherige Rechtslage

Nach § 3 MuSchG durften Schwangere in den sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin nicht beschäftigt werden. Nach der Geburt galt eine Schutzfrist von acht Wochen – bei Frühgeburten, Mehrlingen oder der Geburt eines behinderten Kindes sogar zwölf Wochen.

Bei Fehlgeburten vor der 24. Schwangerschaftswoche bestand jedoch kein gesetzlicher Mutterschutz. Frauen mussten – soweit keine ärztliche Arbeitsunfähigkeit vorlag – umgehend an den Arbeitsplatz zurückkehren.

 

II. Die Reform – neue Schutzfristen ab der 13. Schwangerschaftswoche

Seit Juni 2025 gelten gestaffelte Schutzfristen nach einer Fehlgeburt:

  • Ab der 13. Schwangerschaftswoche: 2 Wochen Mutterschutz

  • Ab der 17. Schwangerschaftswoche: 6 Wochen Mutterschutz

  • Ab der 20. Schwangerschaftswoche: 8 Wochen Mutterschutz

Ein wesentlicher Unterschied zum Mutterschutz nach einer Lebendgeburt: Frauen dürfen ausdrücklich erklären, trotz Schutzfrist arbeiten zu wollen (§ 3 Abs. 5 MuSchG) und diese Erklärung jederzeit widerrufen.

 

III. Finanzielle Absicherung

Frauen im Mutterschutz haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§ 2 Abs. 6 S. 2 i.V.m. § 19 MuSchG):

  • Gesetzlich Versicherte erhalten 13 € pro Tag von der Krankenkasse; der Arbeitgeber stockt auf den durchschnittlichen Nettolohn auf.

  • Nicht gesetzlich Versicherte können beim Bundesamt für Soziale Sicherung einmalig bis zu 210 € beantragen; der Arbeitgeberzuschuss ist in diesen Fällen begrenzt, sodass privatversicherte Frauen teils schlechter gestellt sind.

Arbeitgeber erhalten ihre Kosten für den Zuschuss über das U2-Umlageverfahren vollständig erstattet.

 

IV. Informationspflicht gegenüber dem Arbeitgeber

Nach § 15 MuSchG „soll“ eine Schwangerschaft mitgeteilt werden, sobald die Frau davon weiß. Nach einer Fehlgeburt besteht eine Mitteilungspflicht vor allem dann, wenn der Arbeitgeber bereits von der Schwangerschaft wusste (BAG, Urt. v. 18.01.2000 – 9 AZR 932/98). Ohne vorherige Mitteilung kann auf eine Information verzichtet werden, insbesondere, wenn die Frau freiwillig auf die Schutzfrist verzichtet.

 

V. Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG galt auch schon vor der Reform:

  • Schutz während der Schwangerschaft und vier Monate nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche.

  • Eine Kündigung ist nur mit behördlicher Zustimmung in Ausnahmefällen möglich (z. B. Betriebsstilllegung oder schwerwiegendes Fehlverhalten).

 

VI. Bedeutung für Studium und Referendariat

Das MuSchG gilt auch für:

  • Studentinnen, sofern Zeit, Ort und Ablauf von Lehrveranstaltungen verpflichtend vorgegeben sind (§ 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 MuSchG).

  • Referendarinnen, aufgrund der Verweise in den Juristenausbildungsgesetzen.

In vielen Bundesländern zählen Semester bzw. Ausbildungszeiten, in denen Mutterschutz besteht, nicht für den Freiversuch im Staatsexamen. Das gilt nun auch bei Fehlgeburten, die unter die neuen Schutzfristen fallen.

 

Fazit

Die Reform des MuSchG schließt eine jahrelang kritisierte Lücke im Arbeitsschutz. Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, erhalten nun nicht nur rechtlichen Schutz vor Überlastung, sondern auch finanzielle Absicherung. Für Arbeitgeber bedeutet die Neuregelung Rechtssicherheit und Kostenneutralität durch das Umlageverfahren. Für Studentinnen und Referendarinnen können die neuen Regelungen sogar prüfungsrechtlich relevant werden.

 

Prüfungsrelevanz:

Für das Jurastudium ist das Thema in Arbeitsrecht, Mutterschutzrecht und prüfungsrechtlichen Kontexten (Freiversuch) relevant. Im Referendariat kann die Kenntnis der Reform im Arbeitsrecht und Verwaltungsrecht (Bildungsrecht) wichtig werden, zudem in der anwaltlichen Praxisberatung.


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