LG Hamburg, Urteil vom 08.08.2025 – 417 HKO 47/23
Winterlagerbetreiber können sich nicht durch AGB-Klauseln von ihrer Haftung befreien. Wer Yachten in Obhut nimmt, trägt die Verantwortung für deren ordnungsgemäße Sicherung – auch bei Stürmen. Das Landgericht (LG) Hamburg verurteilte die Betreiberin eines Winterlagers zur Zahlung von fast 53.000 Euro Schadensersatz an die klagende Yachtkaskoversicherung.
Der Sachverhalt
Ein Eigner stellte seine 6,5 Tonnen schwere Segelyacht im November 2021 für rund 1.600 Euro im Freigelände eines Winterlagers ab. Der Mast blieb stehen, zusätzliche Sicherungen erfolgten nicht. Im Februar 2022 fegte Sturmtief „Zeynap“ mit Orkanböen bis zu 120 km/h über das Gelände. Die Yacht kippte vom Bock, beschädigte drei Nachbarboote und wurde selbst schwer beschädigt.
Die Kaskoversicherung regulierte die Schäden und verlangte von der Betreiberin im Wege des Forderungsübergangs Ersatz. Diese berief sich auf ihre AGB – wonach die Risiken allein beim Eigner liegen sollten – sowie auf höhere Gewalt.
Die Entscheidung des LG Hamburg
Das LG Hamburg sah dies anders: Der Vertrag sei als Lagervertrag (§§ 467 ff. HGB) zu qualifizieren. Damit schulde die Betreiberin nicht nur die bloße Überlassung eines Platzes, sondern die ordnungsgemäße Aufbewahrung und Sicherung der eingelagerten Yacht.
Nach § 475 HGB hafte ein Lagerhalter für Verlust oder Beschädigung, wenn er nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nachweise. Dies sei hier nicht erfolgt. AGB-Klauseln, die das Risiko einseitig auf den Kunden überwälzen, seien nach §§ 305c, 307 BGB unwirksam.
Pflichtwidrig sei insbesondere, dass die Yacht mit stehendem Mast und zusätzlicher Persenning ohne Sicherung verblieb, obwohl dadurch die Windangriffsfläche erheblich vergrößert war. Spätestens nach der amtlichen Sturmwarnung hätte die Betreiberin Sicherungsmaßnahmen ergreifen müssen, etwa durch zusätzlichen Windschutz oder Verstärkung der Lagerböcke.
Die Berufung auf höhere Gewalt ließ das Gericht nicht gelten: Ein ordentlicher Kaufmann hätte den Schaden durch zumutbare Vorsorge verhindern können.
Fazit
Das Urteil macht deutlich: Betreiber von Winterlagern können sich nicht hinter AGB verstecken. Wer Yachten annimmt, übernimmt umfassende Obhutspflichten. Unterlässt er Sicherungsmaßnahmen, haftet er auch für Schäden durch Sturmereignisse.
Prüfungsrelevanz
Für Studium und Referendariat ist das Urteil ein gutes Beispiel für:
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die Einordnung von Verträgen (Mietvertrag vs. Lagervertrag),
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die Haftung nach §§ 467 ff., 475 HGB,
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die AGB-Kontrolle nach §§ 305c, 307 BGB,
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sowie die Abgrenzung von „höherer Gewalt“ und vermeidbarem Risiko.

