AG München, Urteil vom 12.08.2025 – 283 C 4126/25
Der Besuch beim Zahnarzt ist für viele Menschen Routine – man setzt sich, macht es sich bequem und wartet auf die Behandlung. Doch was passiert, wenn dabei plötzlich etwas zu Bruch geht? Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht München in einem Fall zu beschäftigen, der zeigt, wie weit die Pflicht eines Patienten wirklich reicht.
Ein Münchner Patient nahm 2024 wie üblich im Behandlungsstuhl seiner Zahnarztpraxis Platz. Als er sich – nach Aussage einer Zeugin völlig normal – bequem machen wollte, hörte man plötzlich ein Knacken. Später stellte sich heraus, dass die Kopfstütze des Stuhls beschädigt war. Die Reparatur kostete rund 1.700 Euro. Der Zahnarzt verlangte diesen Betrag vom Patienten zurück. Da weder dieser noch seine Haftpflichtversicherung zahlten, landete der Fall vor Gericht.
Das AG München wies die Klage jedoch ab. Entscheidend war für das Gericht, dass der Patient sich im Rahmen völlig üblicher Bewegungen auf den Stuhl gesetzt und ihn genutzt hatte. Auch wenn der Mann groß war und sich streckte, sei sein Verhalten nicht ungewöhnlich oder unsachgemäß gewesen. Ein Zahnarztstuhl müsse nach Ansicht des Gerichts genau dafür ausgelegt sein: dass Menschen unterschiedlichster Größe sich darauf legen, bewegen und bequem machen.
Wichtig ist zudem die Feststellung des Gerichts, dass der Patient ohne erkennbaren Hinweis auf einen Defekt nicht verpflichtet war, besondere Vorsicht walten zu lassen. Er durfte darauf vertrauen, dass der Stuhl geeignet und funktionstüchtig ist – insbesondere, weil der Zahnarzt ihn selbst bereitstellt. Eine erhöhte Sorgfaltspflicht des Patienten würde über das hinausgehen, was im Alltag verlangt werden kann.
Ob die Beschädigung letztlich auf das Verhalten des Patienten oder auf normalen Verschleiß zurückzuführen war, ließ das Gericht bewusst offen. Denn in beiden Fällen fehlte es am Verschulden. Damit scheidet eine Haftung aus.
Das Urteil zeigt deutlich: Medizinische Einrichtungen müssen sicherstellen, dass ihre Geräte den üblichen Anforderungen entsprechen. Patienten dürfen auf die Funktionsfähigkeit vertrauen und haften nicht dafür, wenn ein Gerät unter normaler Nutzung versagt. Für Patienten bedeutet das Rechtssicherheit – für Behandler eine Erinnerung daran, dass technische Mängel eigenes Risiko bleiben.
Das Urteil ist rechtskräftig und setzt ein wichtiges Zeichen für den Alltag in Zahnarztpraxen: Normale Bewegungen sind keine Schadensquelle, für die Patienten einstehen müssen.

