Ein Pferd mit Knieproblemen taugt nicht als Sportpferd und kann trotz vereinbartem Gewährleistungsausschluss zurückgegeben werden

Ein Pferd mit Knieproblemen taugt nicht als Sportpferd und kann trotz vereinbartem Gewährleistungsausschluss zurückgegeben werden

LG Frankenthal, Urteil vom 01.08.2025 – 7 O 257/22

 

Das Landgericht Frankenthal hatte in einem Fall zu entscheiden, der sich wie ein Paradebeispiel für das Examensfach Schuldrecht liest: Eine Hobbyreiterin kaufte ein Pferd, das sich nach kurzer Zeit als lahmend herausstellte. Der schriftliche Kaufvertrag enthielt zwar einen umfassenden Gewährleistungsausschluss, doch die 7. Zivilkammer stellte klar: Ein Sportpferd muss auch für den Reitsport geeignet sein – und das gilt auch dann, wenn die Haftung für Mängel vertraglich ausgeschlossen wurde.


Die Klägerin hatte das Pferd nach einem Proberitt für 13.800 Euro erworben. Bereits im Verkaufsgespräch hatte sie erklärt, das Tier solle für den Reitsport genutzt werden. Wenige Wochen später diagnostizierte ein Tierarzt pathologische Veränderungen im Kniegelenk, die eine sportliche Nutzung dauerhaft ausschließen. Die Verkäuferin verteidigte sich mit dem Hinweis, das Tier sei bei Übergabe gesund gewesen, außerdem sei die Haftung wirksam ausgeschlossen worden.


Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Zwar sei ein Gewährleistungsausschluss beim Tierkauf grundsätzlich möglich und könne auch Krankheiten oder körperliche Beeinträchtigungen erfassen. Doch dort, wo der Käufer bereits beim Abschluss des Kaufvertrages einen bestimmten Verwendungszweck deutlich gemacht habe, könne er auch erwarten, dass das Tier diesem Zweck entspricht. Die Auslegung des Vertrages habe ergeben, dass beide Parteien von der Nutzung als Sportpferd ausgegangen seien. Ein Pferd, das aufgrund von Fremdkörpern im Kniegelenk ständig reizbedingt lahmt, erfüllt diese Voraussetzung nicht.


Die Käuferin konnte daher die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Der Einwand der Verkäuferin, sie habe die Haftung ausgeschlossen, half ihr nicht weiter. Denn die Beschaffenheitsvereinbarung, wonach das Pferd sporttauglich sein müsse, ging dem Gewährleistungsausschluss vor. Das Gericht stützte sich dabei auch auf das Sachverständigengutachten, das bestätigte, dass die Knieprobleme des Pferdes nicht nur aktuell bestanden, sondern auch zukünftig immer wieder auftreten würden.


Für Examenskandidaten ist die Entscheidung besonders spannend. Sie zeigt die klassische Struktur der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung und verdeutlicht, wie eng Gewährleistungsausschluss und Beschaffenheitsvereinbarung miteinander verzahnt sind. Zudem bietet sie Raum für die Abgrenzung zwischen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB), Unternehmereigenschaft (§ 14 BGB), der Beweislastumkehr (§ 476 BGB) und der AGB-Kontrolle. Prüfungsrelevant ist vor allem die Frage, ob eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegt, die sich gegenüber einem vertraglichen Haftungsausschluss durchsetzt.


Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr: Wer ausdrücklich ein Pferd für den Reitsport kauft, hat Anspruch auf ein Tier, das dieser Bestimmung auch gerecht wird. Ein lahmendes Pferd ist kein Sportpferd – unabhängig davon, wie umfassend der Verkäufer seine Haftung ausschließen möchte.

 

Prüfungsrelevanz

Für Studium und Referendariat bietet der „Pferdefall“ eine hervorragende Grundlage, um die Anspruchsprüfung im Kaufrecht zu trainieren. Wichtige Stichworte sind Mangelbegriff (§ 434 BGB), Beschaffenheitsvereinbarung, Wirksamkeit von Gewährleistungsausschlüssen sowie die Auslegung von Verträgen. Auch die Abgrenzung zum Verbrauchsgüterkauf und die Rolle der AGB-Kontrolle können in einer Klausur abgeprüft werden.

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