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Expeditionsreise ohne eigenes Gepäck – Ist die Reise dadurch schon mangelhaft?

Das Reiserecht schützt Reisende umfassend und regelt unter anderem, wann eine Reise mangelhaft ist. In der Entscheidung des Landgerichts München II vom 10.01.2025 (Az. 14 O 2061/24) wurde geprüft, ob das Fehlen des eigenen Gepäcks während einer Expeditionsreise einen Reisemangel darstellt.

Sachverhalt

Der Kläger und seine Mutter buchten eine elftägige Pauschalreise nach Longyearbyen, Norwegen, sowie eine anschließende Arktiskreuzfahrt „Auf den Spuren der Eisbären“. Aufgrund von Verzögerungen am Ankunftsflughafen wurde ihr Gepäck nicht mehr rechtzeitig vor dem Auslaufen des Kreuzfahrtschiffs ausgeliefert. Die beiden mussten die Kreuzfahrt daher ohne ihr eigenes Gepäck antreten und kauften sich vorab notwendige Kleidung für 2.300 Euro.

Das Kreuzfahrtschiff verfügte über eine Boutique, einen Wäscheservice sowie an Land bereitgestellte Expeditionsausrüstung wie Schuhe und Parkas. Ein formeller Dresscode für Mahlzeiten bestand nicht.

Nach der Reise erstattete der Reiseveranstalter 25 % des Reisepreises und 1.500 Euro für Ersatzbeschaffung. Der Kläger klagte jedoch auf Erstattung der restlichen Kosten sowie Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden.

Rechtliche Bewertung

Das LG München II sprach dem Kläger teilweise eine weitere Minderung sowie Ersatzbeschaffungskosten zu, lehnte jedoch Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden ab.

Minderung des Reisepreises

Das Fehlen des Gepäcks wurde als Reisemangel nach § 651i II BGB anerkannt. Eine weitergehende Minderung über 30 % hinaus lehnte das Gericht jedoch ab. Es berücksichtigte hierbei:

    • Verfügbarkeit eines Wäscheservices,

    • Bereitstellung von Expeditionsausrüstung,

    • Fehlender Dresscode für Mahlzeiten,

    • Weiterverwendbarkeit der neu gekauften Kleidung.

Ersatzbeschaffungskosten

Die Kosten für Ersatzkleidung wurden fast vollständig erstattet, da die Ausgaben hauptsächlich für Funktionskleidung notwendig waren. Lediglich die Kosten für Hygieneartikel wurden abgelehnt, da diese weiterhin genutzt werden könnten.

Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden

Ein solcher Anspruch nach § 651n II BGB wurde abgelehnt. Das Fehlen des Gepäcks führte nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise, da der Reisezweck – die Expedition in die Polarregion – nicht beeinträchtigt wurde.


Prüfungsrelevanz

Diese Entscheidung zeigt die Relevanz des Mangelbegriffs im Reiserecht und dessen Abgrenzung zu bloßen Unannehmlichkeiten.

  • Relevante Prüfungspunkte:

    • Wann liegt ein Reisemangel nach § 651i II BGB vor?

    • Wie hoch ist eine angemessene Minderung nach § 651m I BGB?

    • Welche Kosten sind als Ersatzbeschaffung nach § 651n I BGB erstattungsfähig?

    • Wann besteht ein Anspruch auf Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreuden nach § 651n II BGB?

Die Entscheidung macht deutlich, dass das Fehlen des Gepäcks grundsätzlich einen Reisemangel darstellt, die konkrete Beeinträchtigung aber individuell zu bewerten ist.

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