Kein Schadensersatz für jeden Salatblatt-Sturz im Supermarkt

Kein Schadensersatz für jeden Salatblatt-Sturz im Supermarkt

LG Frankenthal – Urt. v. 16.09.2025 – 1 O 21/24

 

Der „Salatblattfall“ gehört zu den Klassikern im Deliktsrecht – meist im Zusammenhang mit der Frage, wie weit die Verkehrssicherungspflicht reicht. Nun hatte das Landgericht Frankenthal über einen ähnlichen Fall zu entscheiden: Eine Kundin rutschte im Supermarkt auf einem Salatblatt aus, stürzte schwer und verlangte 10.000 Euro Schmerzensgeld. Das Gericht stellte klar: Nicht jeder Unfall im Supermarkt begründet eine Haftung.

 

Der Sachverhalt

Eine Kundin kaufte in einem Supermarkt in Neustadt an der Weinstraße ein. In der Obst- und Gemüseabteilung rutschte sie auf einem Salatblatt aus, stürzte und brach sich einen Brustwirbel. Die Verletzung war erheblich – die Frau verlangte daher 10.000 Euro Schmerzensgeld.

Die Betreiberin des Marktes lehnte die Forderung ab: Der Boden werde täglich maschinell gereinigt, zudem führten Mitarbeiter alle 30 Minuten Kontrollgänge durch. Verunreinigungen würden dabei sofort beseitigt.

 

Die Entscheidung des LG Frankenthal

Das Landgericht wies die Klage ab. Die Betreiberin habe ihre Verkehrssicherungspflicht erfüllt:

  • 30-Minuten-Kontrollen und tägliche Reinigung: Diese Maßnahmen seien ausreichend, um das Risiko von Unfällen in zumutbarem Rahmen zu reduzieren.

  • Keine Pflicht zur Dauerüberwachung: Absolute Sicherheit könne nicht verlangt werden. Es sei unzumutbar, jeden Quadratmeter der Verkaufsfläche permanent zu kontrollieren.

  • Gefahr durch Dritte: Dass Kunden gelegentlich Waren fallen lassen, könne nicht vollständig verhindert werden. Solche Zwischenfälle begründen keine Haftung, solange der Betreiber ein sinnvolles Kontroll- und Reinigungssystem vorhält.

 

Rechtliche Einordnung

Die Verkehrssicherungspflicht ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB: Wer Gefahrenquellen schafft oder unterhält, muss angemessene Maßnahmen ergreifen, um Schäden Dritter zu verhindern. Dabei gilt jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – eine absolute Gefahrenfreiheit ist nicht erreichbar.

Das LG Frankenthal schloss sich damit der Linie anderer Gerichte an, etwa des LG Coburg (Urt. v. 2020), das Schadensersatz zusprach, weil während einer Bodenreinigung keine Sicherungsmaßnahmen getroffen worden waren. Im vorliegenden Fall hingegen waren die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend.

 

Fazit

Das Urteil verdeutlicht: Supermarktbetreiber haften nicht automatisch für jeden Sturz. Wer regelmäßige Reinigungs- und Kontrollintervalle einhält, erfüllt seine Verkehrssicherungspflicht. Verbraucher müssen hinnehmen, dass in einem belebten Supermarkt trotz aller Sorgfalt einmal ein Salatblatt liegen bleiben kann.

 

Prüfungsrelevanz

  • § 823 Abs. 1 BGB – Verkehrssicherungspflichten als zentrale Anspruchsgrundlage.

  • Abgrenzung zwischen zumutbarer Sicherung und der unerreichbaren absoluten Gefahrenfreiheit.

  • Prüfungsaufbau: Rechtsgutsverletzung → Pflichtverletzung → Verschulden → Kausalität.

  • Vergleich mit ähnlichen Fällen (LG Coburg 2020) zeigt, wie stark der Einzelfall die Bewertung bestimmt.

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