Was passiert, wenn ein Polizeieinsatz Schäden verursacht – etwa an der Wohnungstür? Wer muss zahlen? Mit dieser Frage befasste sich das Landgericht Köln in einem Urteil vom 08.04.2025 (Az. 32 O 77/22) und klärte dabei ein zivilrechtlich besonders examensrelevantes Problem: die Zurechnung mittelbarer Rechtsgutsverletzungen im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Auch wenn ein Dritter – hier: die Polizei – den Schaden tatsächlich verursacht, kann eine Haftung dennoch beim ursprünglichen Verursacher liegen. Wann das der Fall ist und was Du Dir für Deine Prüfung merken solltest, erfährst Du in diesem Beitrag.
Der Fall – Polizeieinsatz mit Folgen
A und B, ein verheiratetes Paar, wohnen zur Miete in einer Wohnung nahe Köln. Während eines eskalierenden Streits ruft B die Polizei und berichtet, A zerstöre die Wohnung. Vor Ort treffen die Beamten auf lautstarken Streit, erhalten jedoch trotz mehrfachen Klingelns, Klopfens und lautstarker Ankündigung keine Reaktion. Schließlich kündigen sie das gewaltsame Öffnen der Tür an – und setzen es um. Die Wohnungstür und die Zarge werden dabei erheblich beschädigt. K, der Eigentümer, verlangt Ersatz für die Reparaturkosten von A und B.
A und B bestreiten ihre Haftung – schließlich hätten die Polizisten den Schaden verursacht. Doch das LG Köln bejahte eine Schadensersatzpflicht der Mieter – auf Grundlage von § 823 Abs. 1 BGB.
Mittelbare Rechtsgutsverletzung – Was bedeutet das?
§ 823 Abs. 1 BGB schützt absolute Rechte wie das Eigentum. Wird dieses verletzt, entsteht dem Eigentümer ein Anspruch auf Schadensersatz – sofern der Schädiger rechtswidrig und schuldhaft handelt.
Eine Besonderheit liegt vor, wenn der Schaden nicht unmittelbar durch den Anspruchsgegner, sondern durch Dritte verursacht wird. Man spricht dann von einer mittelbaren Rechtsgutsverletzung. Eine solche ist dem Anspruchsgegner jedoch nur zurechenbar, wenn sein Verhalten in zurechenbarer Weise die wesentliche Ursache für die Rechtsgutsverletzung gesetzt hat.
Im konkreten Fall hatte das Verhalten von A und B – der Streit, der Hilferuf sowie das Nichtöffnen der Tür – die polizeiliche Maßnahme geradezu herausgefordert. Das Gericht sah in diesem Verhalten die Ursache für das gewaltsame Eindringen und damit die Beschädigung der Tür. Eine Haftung sei ihnen daher auch ohne unmittelbares Tun zurechenbar.
Grenzen der Zurechnung – Was ist mit dem Dazwischentreten Dritter?
Im Deliktsrecht gilt grundsätzlich: Das eigenverantwortliche Handeln Dritter kann die Zurechnung unterbrechen. Jedoch nicht, wenn das Dazwischentreten in engem Zusammenhang mit dem Verhalten des Ersthandelnden steht – wie bei gerechtfertigten Polizeieinsätzen.
Das LG Köln prüfte die Rechtmäßigkeit des polizeilichen Einschreitens und stellte fest: Die Maßnahme war zur Gefahrenabwehr erforderlich und verhältnismäßig. Die Beamten durften angesichts der geschilderten und wahrgenommenen Eskalation davon ausgehen, dass Gefahr für Leib oder Leben bestand. Zudem hatten sie die Türöffnung zuvor angekündigt.
Damit blieb es bei der Zurechnung: Das Verhalten von A und B war der Auslöser des Polizeieinsatzes – und damit auch der verursachte Schaden an der Tür.
Fazit: Was Du fürs Examen mitnehmen solltest
Der Fall des LG Köln ist ein Paradebeispiel für die examensrelevante Problematik der mittelbaren Rechtsgutsverletzung. Im Mittelpunkt steht die Frage der Zurechnung: Wer haftet, wenn Dritte – hier: die Polizei – tatsächlich den Schaden verursachen, aber nur aufgrund des Verhaltens anderer tätig werden?
Prüfungsrelevant ist vor allem das Zusammenspiel von § 823 Abs. 1 BGB mit polizeilichen Einschreitenssituationen. Auch im Öffentlichen Recht begegnet Dir dieser Gedanke – als „Zweckveranlasser“ im Polizeirecht oder als „Herausforderungsfall“ im Strafrecht.
Merke Dir: Eine mittelbare Rechtsgutsverletzung ist zurechenbar, wenn das Verhalten des Schädigers eine naheliegende und adäquate Ursache für die Rechtsgutsverletzung gesetzt hat und das Dazwischentreten Dritter – wie ein rechtmäßiger Polizeieinsatz – nicht eigenständig und wertungsmäßig überlagert.