Urt. v. 31.08.2025, Az. 158 C 14594/23
Wer eine Pauschalreise bucht, erwartet meist mehr als Sonne, Strand und Hotelservice – nämlich auch eine persönliche Betreuung vor Ort. Doch was gilt, wenn der Reiseleiter gar nicht physisch anwesend ist, sondern lediglich per WhatsApp erreichbar bleibt? Das Amtsgericht München (AG München) hat hierzu eine praxisrelevante Entscheidung getroffen: Eine „qualifizierte deutschsprachige Reiseleitung“ muss nicht zwingend persönlich vor Ort sein – die digitale Erreichbarkeit genügt, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Der Fall: Reisender fordert Rückzahlung wegen fehlender persönlicher Betreuung
Ein Münchener Urlauber hatte eine siebentägige Pauschalreise nach Dubai gebucht. Nach seiner Rückkehr reklamierte er verschiedene Mängel und verlangte eine Preisminderung von 400 Euro – fast die Hälfte des Reisepreises von 774 Euro. Hauptkritikpunkt: Der deutschsprachige Reiseleiter sei nicht dauerhaft persönlich anwesend gewesen, sondern habe lediglich über WhatsApp kommuniziert.
Der Kläger argumentierte, dass eine „qualifizierte deutschsprachige Reiseleitung“ nach seiner Vorstellung eine physisch anwesende Betreuung bedeute. Zudem sei ein geplanter Ausflug zum Al Fahidi Fort ausgefallen.
Die Entscheidung: Digitale Erreichbarkeit genügt
Das AG München sah das anders. Laut Leistungsbeschreibung schuldet der Reiseveranstalter lediglich eine „qualifizierte deutschsprachige Reiseleitung“ – also eine kompetente, deutschsprachige Ansprechperson, die für Rückfragen und Probleme zur Verfügung steht.
Eine ständige persönliche Anwesenheit wurde nicht vereinbart und ist auch nicht üblich im Massengeschäft der Pauschalreisen, so das Gericht.
Dass der Reiseleiter per WhatsApp zuverlässig erreichbar war, erfülle die vertraglich geschuldete Leistung.
Wörtlich betonte das Gericht, ein Reiseleiter sei kein Stadtführer, der jede Etappe der Reise persönlich begleite oder kommentiere.
Kleiner Trost: Teilweise Minderung wegen ausgefallenem Ausflug
Ganz leer ging der Kläger dennoch nicht aus. Da der gebuchte Ausflug zum Al Fahidi Fort tatsächlich ausgefallen war, erkannte das Gericht eine geringfügige Reisepreisminderung an. Diese belief sich auf 4,84 Euro, also fünf Prozent des Tagesreisepreises.
Im Übrigen wurde die Klage vollständig abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Fazit: WhatsApp genügt, wenn keine persönliche Betreuung vereinbart ist
Das Urteil des AG München macht deutlich: Wer bei Pauschalreisen Wert auf eine persönliche Begleitung legt, sollte dies ausdrücklich vertraglich vereinbaren.
Eine allgemeine Zusage einer „deutschsprachigen Reiseleitung“ bedeutet lediglich, dass im Bedarfsfall ein Ansprechpartner erreichbar ist – ob telefonisch, per Chat oder in Person, bleibt dem Reiseveranstalter überlassen.
Für die Praxis bedeutet das:
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Reiseveranstalter können ihre Betreuung auch digital organisieren, sofern dies klar kommuniziert wird.
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Reisende sollten ihre Erwartungen an Service und Betreuung vor Buchung konkret prüfen.
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Reisepreisminderungen kommen nur bei objektiv feststellbaren Mängeln – wie ausgefallenen Leistungen – in Betracht.
Prüfungsrelevanz für Jurastudium und Referendariat
Der Fall eignet sich hervorragend zur Wiederholung des Reiserechts (§§ 651a ff. BGB), insbesondere der Minderung nach § 651m BGB und der Auslegung vertraglicher Leistungspflichten.
Wichtig für Klausuren:
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Prüfe zunächst, was genau vertraglich vereinbart wurde.
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Nur wenn die geschuldete Leistung objektiv nicht oder mangelhaft erbracht wurde, liegt ein Reisemangel i.S.d. § 651i BGB vor.
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Subjektive Erwartungen des Reisenden sind unbeachtlich.

