RTL muss Werbeeinnahmen offenlegen – Auskunftsanspruch nach § 32a UrhG rechtskräftig bestätigt
OLG Köln, Urteil vom 15.11.2024 – 6 U 60/24
Ein jahrelanger Rechtsstreit um Transparenz in der Medienbranche hat nun ein klares Ende gefunden: RTL ist verpflichtet, einer Filmemacherin Auskunft über Werbeeinnahmen zu geben, die im Umfeld ihrer Produktionen erzielt wurden. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat und auch eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erfolglos blieb, ist das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln rechtskräftig.
Hintergrund: Der Fairnessparagraf im Urheberrecht
Die Klägerin, die Filmemacherin Jana Bernhardt, möchte nachvollziehen, wie viel RTL durch Werbung vor, während und nach der Ausstrahlung ihrer Filme eingenommen hat. Grundlage ihres Begehrens ist der sogenannte Fairnessparagraf (§ 32a UrhG).
Dieser ermöglicht Urheberinnen und Urhebern eine nachträgliche Vergütungsanpassung, wenn sich herausstellt, dass die ursprünglich gezahlte Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den tatsächlich erzielten Erträgen steht. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Urheber überhaupt Kenntnis über die wirtschaftlichen Gewinne haben – weshalb ein Auskunftsanspruch zwingend vorgeschaltet ist.
Entscheidung des OLG Köln
Das OLG Köln entschied bereits 2024 (Urt. v. 15.11.2024, Az. 6 U 60/24), dass RTL die geforderten Auskünfte erteilen muss. Begründung:
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Es bestehe ein klarer Zusammenhang zwischen Einschaltquoten und Werbeeinnahmen.
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Die Auskunftserteilung sei zumutbar und für RTL nicht unverhältnismäßig aufwendig.
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Damit habe die Produzentin einen Anspruch darauf, die Einnahmen offengelegt zu bekommen.
Scheitern vor BGH und BVerfG
RTL wollte die Revision erzwingen, scheiterte jedoch mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH (Beschl. v. 03.07.2025, Az. I ZR 223/24). Das Gericht sah weder eine grundsätzliche Bedeutung noch eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten. Auch die anschließend erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an. Damit ist das Urteil des OLG Köln rechtskräftig.
Praktische Folgen und aktuelle Entwicklungen
RTL erklärte, die Entscheidung zu respektieren und die Auskunft vorzubereiten. Dennoch zweifelt die Klägerin, ob sie die Daten zeitnah erhalten wird. Da RTL seit Monaten säumig sei, beantragten ihre Anwälte sogar Zwangshaft gegen die Geschäftsführer Inga Leschek und Stephan Schmitter. RTL betonte hingegen, man werde selbstverständlich dem rechtskräftigen Urteil Folge leisten.
Bedeutung des Urteils
Das Verfahren hat erhebliche Signalwirkung für die Medien- und Kreativbranche:
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Stärkung der Urheberrechte: Produzenten und Kreative erhalten bessere Möglichkeiten, ihre Vergütung nachträglich überprüfen zu lassen.
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Transparenzpflicht für Sender: Fernsehsender können sich nicht mehr pauschal auf Geschäftsgeheimnisse berufen, wenn es um den wirtschaftlichen Erfolg von Produktionen geht.
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Präzedenzwirkung: Das Urteil wird in zukünftigen Verfahren nach § 32a UrhG eine maßgebliche Rolle spielen.
Fazit
Das rechtskräftige Urteil bestätigt, dass der Auskunftsanspruch nach § 32a UrhG ein zentrales Instrument für Urheberinnen und Urheber ist, um faire Vergütungen durchzusetzen. Auch große Medienunternehmen wie RTL müssen die Karten auf den Tisch legen, wenn es um die Frage geht, wie lukrativ Produktionen tatsächlich waren.
Prüfungsrelevanz
Für Jurastudierende und Referendarinnen ist der Fall besonders lehrreich:
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Urheberrecht: Anwendung von § 32a UrhG (Fairnessausgleich) und Auskunftsanspruch.
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Zivilprozessrecht: Bedeutung von Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) und Verfassungsbeschwerde.
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Klausurtechnik: Verknüpfung von materiell-rechtlichem Anspruch mit prozessualen Hürden.