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Sind Beschlüsse einer fehlerhaft einberufenen Gesellschafterversammlung nichtig?

Sofern eine Gesellschafterversammlung fehlerhaft durch einen Unbefugten einberufen wurde, führt dies zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit aller Beschlüsse, die auf der Gesellschafterversammlung gefasst wurden.

Zwar gilt im Personengesellschaftsrecht, dass mangelhafte Beschlüsse grundsätzlich nichtig sind. Falls aber nur Verfahrensmängel vorliegen, stellte sich bisher die Frage, ob diese das Ergebnis des Beschlusses möglicherweise beeinflusst haben mit der Folge der Nichtigkeit.


A. Sachverhalt

Der Kläger (K) und die Beklagten (B) sind Partner einer Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB (mit beschränkter Berufshaftung).

Der Gesellschaftsvertrag bestimmt in § 7 4 Nr. 4 Satz 1:

„Die Partnerversammlung wird vom Managing Partner einberufen.“

Einer der Beklagten lud am 30.07.2020 alle Partner zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ein mit dem Tagesordnungspunkt des Ausschlusses des K. Die B fassten einen entsprechenden Beschluss mit sofortiger Wirkung.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses.


B. Entscheidung

I. Partnerschaftsgesellschaft

Eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG) ist nach § 7 1 I 1 PartGG eine Gesellschaft von Angehörigen Freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe. Nach § 7 1 IV PartGG gelten die Vorschriften der GbR entsprechend, soweit im PartGG nichts anderes bestimmt ist.

II. Grundsatz der Nichtigkeit fehlerhaft einberufener Beschlüsse

Grundsätzlich sind im Personengesellschaftsrecht Beschlüsse einer fehlerhaft einberufenen Gesellschafterversammlung nichtig. Eine fehlerhafte Einberufung liegt insbesondere vor, wenn ein Unbefugter die Einladung ausspricht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) führt aus: „Die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch einen Unbefugten führt nach ständiger Rechtsprechung rechtsformübergreifend zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse.“

III. Ausnahme bei Verfahrensmängeln?

In der Rechtsprechung wurde diskutiert, ob Verfahrensmängel, wie Form- oder Fristverstöße, zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen. Dies ist nur der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Mangel das Zustandekommen des Beschlusses beeinflusst hat.

Jedoch handelt es sich bei der Einberufung durch einen Unbefugten nicht nur um einen bloßen Formfehler, sondern um einen schwerwiegenden Mangel. Der BGH stellt hierzu klar:

„Die Ladung durch einen Unbefugten kommt einer Nichtladung gleich und kann vom Geladenen unbeachtet bleiben, ohne dass ihm hieraus nachteilige Rechtsfolgen erwachsen dürfen.“

IV. Übertragung auf das Kapitalgesellschaftsrecht

Auch im Kapitalgesellschaftsrecht sind Beschlüsse einer fehlerhaft einberufenen Versammlung nichtig (§ 7 241 Nr. 1, § 7 121 II AktG). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber einheitlich die formellen Anforderungen an die Einberufung streng handhabt, unabhängig von der Gesellschaftsform.

Da die Partner im Gesellschaftsvertrag geregelt haben, dass ausschließlich der Managing Partner zur Einberufung befugt ist, ist eine Einladung durch einen anderen Gesellschafter unwirksam. Das Fehlen einer korrekten Einberufung führt damit zur Nichtigkeit des gefassten Beschlusses.

C. Ergebnis

Der Ausschließungsbeschluss ist wegen fehlerhafter Einberufung nichtig. Der Kläger kann die Feststellung der Nichtigkeit verlangen.

D. Prüfungsrelevanz

Die Entscheidung ist insbesondere für das Gesellschaftsrecht von Bedeutung. In Prüfungen werden Kenntnisse über die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen regelmäßig abgefragt. Die klare Differenzierung zwischen bloßen Verfahrensfehlern und schwerwiegenden Mängeln ist essenziell für eine fundierte rechtliche Argumentation.

(BGH Urt. v. 16.07.2024 – II ZR 100/23)

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