LG Nürnberg-Fürth, Hinweisbeschluss vom 14.04.2025 – Az. 15 S 7420/24
Wer mit Freunden in den Urlaub fährt, denkt wohl kaum an die rechtlichen Risiken eines harmlosen Ballspiels im Pool. Doch wenn ein ausgeschlagener Schneidezahn im Spiel ist, landet der Streit schnell vor Gericht. Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth hatte sich nun mit einem solchen Fall zu befassen – und entschied klar: Wer freiwillig am Pool-Ballspiel teilnimmt, trägt selbst das Risiko.
Der Sachverhalt
Im Sommerurlaub in Südeuropa spielten Freunde ausgelassen Wasserball im Pool. Der spätere Kläger beteiligte sich zunächst aktiv, zog sich dann mit einer Bierdose in der Hand an den Beckenrand zurück – warf aber weiterhin Bälle zurück. Dann traf ihn ein Ball am Hinterkopf, er stieß gegen den Beckenrand und verlor einen Schneidezahn.
Dafür verlangte er von seinem Freund die Erstattung der Zahnarztkosten (228 Euro) sowie ein Schmerzensgeld (2.250 Euro).
Die Entscheidungen der Gerichte
Schon das Amtsgericht (AG) Erlangen (Urt. v. 25.11.2024, Az. 5 C 462/24) lehnte die Ansprüche ab. Das LG Nürnberg-Fürth bestätigte dies nun in zweiter Instanz (Hinweisbeschl. v. 14.04.2025, Az. 15 S 7420/24).
Die Begründung:
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Allgemeines Lebensrisiko – Wer sich freiwillig am Ballspiel beteiligt, weiß um die Gefahr, getroffen zu werden. Dieses Risiko hat sich hier verwirklicht.
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Keine klare Distanzierung – Der Kläger hätte sich „eindeutig und erkennbar“ vom Spiel distanzieren müssen, wenn er nicht mehr teilnehmen wollte. Dies war nach Zeugenaussagen nicht der Fall.
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Eigenes Mitverschulden – Wer mit einer Bierdose im Pool steht, kann einen Balltreffer nicht kontrolliert abfangen. Das erhöhte Risiko hat sich der Kläger selbst geschaffen.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung reiht sich ein in die ständige Rechtsprechung zur Eigenverantwortung bei sportlichen oder spielerischen Aktivitäten. Das Gericht wendet hier das Prinzip des allgemeinen Lebensrisikos an: Nicht jede Verletzung durch alltägliche Freizeitaktivitäten kann zu Schadensersatzansprüchen führen.
Eine Haftung nach §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn der Beklagte bewusst gegen Spielregeln oder Rücksichtnahmepflichten verstoßen hätte. Davon konnte das Gericht jedoch nicht ausgehen. Stattdessen lag eine typische, sozialadäquate Gefahr vor, die vom Geschädigten hinzunehmen war.
Fazit
Wer im Pool Bier trinkt und gleichzeitig noch am Ballspiel teilnimmt, trägt das Risiko für Verletzungen grundsätzlich selbst. Das LG Nürnberg-Fürth hat deutlich gemacht: Nicht jede Verletzung begründet Schadensersatz, wenn das Geschehen noch zum allgemeinen Lebensrisiko gehört.
Für die Praxis zeigt der Fall:
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Freizeit- und Urlaubsaktivitäten sind nicht risikofrei – die Verantwortung liegt oft bei jedem selbst.
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Schadensersatzansprüche scheitern regelmäßig, wenn keine grobe Pflichtverletzung nachweisbar ist.
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Für Jurastudierende bietet der Fall eine anschauliche Wiederholung zu den Themen Deliktsrecht, allgemeines Lebensrisiko und Mitverschulden (§ 254 BGB).
Prüfungsrelevanz
Für das Jurastudium und das Referendariat ist der Fall in mehrfacher Hinsicht wichtig:
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Wiederholung der Abgrenzung zwischen allgemeinem Lebensrisiko und deliktischer Haftung (§ 823 BGB).
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Bedeutung der Eigenverantwortung und des Mitverschuldens (§ 254 BGB).
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Praktische Einordnung bei „Freizeitfällen“ – beliebt in Examensklausuren, da lebensnah und gut geeignet zur Subsumtionsübung.

