Wer den Namen seiner Katzen nicht kennt, hat keinen Anspruch auf Herausgabe - LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.05.2025 – 15 S 107/24

Wer den Namen seiner Katzen nicht kennt, hat keinen Anspruch auf Herausgabe - LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.05.2025 – 15 S 107/24

Katzen gelten vielen als Familienmitglieder – doch wenn es zum Streit um ihr rechtliches Eigentum kommt, gelten die Regeln des Sachenrechts. So musste sich das Landgericht Nürnberg-Fürth mit der ungewöhnlichen Frage beschäftigen, ob jemand, der nicht einmal die Namen seiner angeblich eigenen Katzen kennt, diese erfolgreich herausverlangen kann. Die Antwort des Gerichts fiel eindeutig aus – und hat klare Signalwirkung für vergleichbare Fälle.

 

Der Fall: Drei Katzen, ein Katzenverbot und ein fragwürdiger Anspruch

Im März 2022 beschlagnahmte das Veterinäramt im Landkreis Nürnberger Land drei Katzen aus einem Wohnhaus. Hintergrund: Einer Frau, die in einem abgetrennten Stockwerk lebte, war das Halten von Tieren ausdrücklich untersagt worden. Dennoch wurden dort Futternäpfe, Katzentoiletten, Medikamente, Transportboxen und Rechnungen vom Tierarzt gefunden – und eben auch die drei Katzen.

Kurz darauf meldete sich ein Mann aus demselben Haus, der in einer anderen Wohnung lebt, und behauptete, die Tiere gehörten ihm. Er klagte gegen das Tierheim auf Herausgabe der Katzen nach § 985 BGB. Doch bereits das Amtsgericht Hersbruck sah keine Eigentümerstellung und wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz bestätigte das Landgericht Nürnberg-Fürth die Entscheidung.

 

Juristische Bewertung

1. Eigentumsvermutung nach § 1006 BGB

Grundsätzlich gilt im Zivilrecht die Vermutung, dass der Besitzer einer Sache auch deren Eigentümer ist (§ 1006 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Vermutung greift aber nur, wenn der Anspruchsteller auch tatsächlichen Besitz ausübt. Der Kläger hatte die Katzen jedoch weder in seiner Wohnung gehalten, noch sonst erkennbar für sie gesorgt.

Vielmehr fanden die Behörden alle tiertypischen Utensilien – von Medikamenten über Kratzbaum bis Transportbox – im Wohnbereich der Nachbarin. Sie war zwar wegen eines Tierhalteverbots nicht zur Tierhaltung berechtigt, hatte aber offenbar faktisch die tatsächliche Gewalt über die Tiere ausgeübt. Der Kläger hingegen konnte weder nachweisen, woher er die Katzen habe, noch wusste er deren Namen oder Gesundheitszustand.


2. Kein Eigentumsnachweis durch bloße Behauptung

Das Gericht stellte klar: Bloße Behauptungen genügen nicht, um Eigentum an Tieren nachzuweisen. Der Mann konnte weder Rechnungen vorlegen noch nachvollziehbar erklären, wie und wann er die Tiere angeschafft hatte. Auch dass er nicht einmal die Namen seiner angeblichen Katzen kannte, wertete das Gericht als erhebliches Indiz gegen seine Eigentümerstellung.

 

3. Eigentumsverlust durch behördliche Veräußerung

Selbst wenn der Mann Eigentümer gewesen wäre, hätte sich an seiner Rechtsposition mittlerweile nichts geändert. Denn die Tiere wurden inzwischen durch behördliche Anordnung nach dem Tierschutzgesetz veräußert. Mit einer solchen Anordnung geht die Verfügungsmacht auf die Behörde über, und der bisherige Eigentümer muss die Veräußerung dulden.

 

Fazit

Die Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth verdeutlicht, dass auch in emotional aufgeladenen Tierstreitigkeiten die Regeln des Sachenrechts gelten. Wer ein Tier als sein Eigentum herausverlangen möchte, muss konkrete Nachweise erbringen – bloße Behauptungen oder gute Absichten genügen nicht. Zudem zeigt das Urteil, dass Behörden unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Zustimmung des Halters über Tiere verfügen dürfen, insbesondere bei Verstößen gegen das Tierschutzrecht.

 

Prüfungsrelevanz

Für Studierende und Referendar:innen bietet der Fall wichtige Anknüpfungspunkte zu folgenden Themen:

  • Eigentum und Besitz (§§ 903, 854 ff., 1006 BGB)

  • Herausgabeanspruch (§ 985 BGB)

  • Sachbegriff und Sonderregelungen bei Tieren (§ 90a BGB)

  • Veräußerungsbefugnisse der Behörde bei Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Ein guter Beispielsfall für Zivilrechtsklausuren mit prüfungsrelevanter Tiefe und originellem Lebenssachverhalt.

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