Die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training Künstlicher Intelligenz (KI) ist ein hochaktuelles Thema, das sowohl juristische als auch technologische Fragen aufwirft. Mit der jüngsten Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Az.: 310 O 227/23) erhält die Diskussion um die Rechtmäßigkeit des KI-Trainings im Rahmen des deutschen Urheberrechts neuen Auftrieb. In diesem Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen, diskutieren die kontroversen Standpunkte und analysieren die Bedeutung des Urteils für die Praxis.
Urheberrechtliche Grundlagen
Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt persönliche geistige Schöpfungen (§ 2 Abs. 2 UrhG). Bereits einfache Werke können unter das sogenannte “Prinzip der kleinen Münze” fallen, was bedeutet, dass die Schöpfungshöhe nicht allzu hoch angesetzt wird. Dadurch genießen viele Werke frühzeitig urheberrechtlichen Schutz.
Die ausschließlichen Rechte des Urhebers umfassen unter anderem:
• Vervielfältigung (§ 16 UrhG)
• Verbreitung (§ 17 UrhG)
• Öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG)
Um ein urheberrechtlich geschütztes Werk zu nutzen, bedarf es entweder einer Lizenz oder die Nutzung muss durch eine Schranke des UrhG gedeckt sein.
Herausforderungen beim KI-Training
Für ein effektives KI-Training werden enorme Mengen an Daten benötigt. Oftmals werden diese mittels Webscraping aus dem Internet gesammelt. Eine individuelle Lizenzierung jedes einzelnen Werks ist praktisch unmöglich, da nicht alle Rechteinhaber in Verwertungsgesellschaften organisiert sind. Selbst kollektive Lizenzen stoßen hier an ihre Grenzen.
Schranken des Urheberrechts für KI-Training
Im Fokus stehen daher die urheberrechtlichen Schranken, insbesondere:
• § 44a UrhG: Vorübergehende Vervielfältigung
• § 60d UrhG: Text- und Data-Mining für wissenschaftliche Zwecke
• § 44b UrhG: Text- und Data-Mining für kommerzielle Zwecke
Die Schranke des Text- und Data-Minings ermöglicht es, urheberrechtlich geschützte Werke für bestimmte Zwecke zu nutzen, ohne eine Lizenz einholen zu müssen.
Kontroverse um die Anwendbarkeit auf KI-Training
Es besteht Uneinigkeit darüber, ob diese Schranken auf das KI-Training anwendbar sind:
• Argumente gegen die Anwendbarkeit:
• Unterschiedliche Zwecke von KI-Training und klassischem Text- und Data-Mining.
• Fehlen expliziter Nennung von KI in der Gesetzgebung.
• Argumente für die Anwendbarkeit:
• Technologieoffene Ausgestaltung der Schranken.
• Verweis in der geplanten KI-Verordnung (KI-VO) auf die Text- und Data-Mining-Schranken.
Das Urteil des LG Hamburg im Fall LAION
Sachverhalt
Ein Stockfotograf klagte gegen den gemeinnützigen Verein LAION, der seine Bilder für einen KI-Trainingsdatensatz gesammelt hatte. LAION stellt solche Datensätze für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung und stützte seine Verteidigung auf die Schranke des § 60d UrhG.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Hamburg entschied zugunsten von LAION und sah die Handlungen des Vereins durch die urheberrechtliche Schranke gedeckt. Der Kläger hat die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten Berufung beim Hanseatischen Oberlandesgericht einzulegen.
Bedeutung des Urteils
Rechtssicherheit für KI-Entwicklung
Als erstes richtungsweisendes Urteil in diesem Bereich schafft die Entscheidung mehr Rechtssicherheit für Entwickler und Forschungsinstitutionen. Die Bejahung der Anwendbarkeit der Text- und Data-Mining-Schranken auf das KI-Training fördert die Innovation im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Deutschland.
Offene Fragen bleiben bestehen
Trotz des Urteils gibt es weiterhin ungeklärte Aspekte:
• Speicherdauer: Die gesetzlich vorgeschriebene Löschung der Werke nach Abschluss des Trainingsprozesses ist praxisfern, da KI-Modelle kontinuierlich verbessert werden müssen.
• Vorbehalt der Rechteinhaber: Wie muss ein maschinenlesbarer Vorbehalt konkret ausgestaltet sein?
• Anwendung auf kommerzielle Zwecke: Die Schranke des § 44b UrhG wirft weitere Fragen auf, die für die wirtschaftliche Nutzung von KI-Modellen entscheidend sind.
Ausblick
Die Entscheidung des LG Hamburg ist ein wichtiger Meilenstein, doch die rechtliche Einordnung des KI-Trainings bleibt ein dynamisches Feld. Zukünftige Urteile, insbesondere zur kommerziellen Nutzung und den offenen Fragen rund um § 44b UrhG, werden maßgeblich bestimmen, wie sich die KI-Landschaft in Deutschland und Europa entwickelt.
Fazit
Die Rechtsprechung beginnt, sich den Herausforderungen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz zu stellen. Das Urteil des LG Hamburg bietet eine erste Orientierung, doch es ist klar, dass weitere juristische Klärungen notwendig sind. Für Entwickler, Forscher und Unternehmen ist es nun wichtiger denn je, die rechtlichen Rahmenbedingungen aufmerksam zu verfolgen.
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