Das Schreiben einer juristischen Hausarbeit ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht nur juristisches Fachwissen erfordert, sondern auch hohe Ansprüche an Struktur, Sprache und Formalia stellt. Unsere Erfahrungen aus zahlreichen Remonstrationsanalysen zeigen, dass immer wieder ähnliche Schwächen auftreten. Dieser Beitrag fasst die häufigsten Probleme zusammen und bietet einen Überblick über die größten Stolpersteine, die Studierende auf dem Weg zu einer erfolgreichen Hausarbeit bewältigen müssen.
1. Fehlerhafte Einhaltung der Formalia
Ein häufig unterschätztes Problem beim Schreiben juristischer Hausarbeiten sind die formalen Anforderungen. Diese stellen die Grundlage für eine wissenschaftliche Arbeit dar, werden aber oft vernachlässigt:
• Unvollständige oder fehlerhafte Literaturverzeichnisse: Viele Hausarbeiten enthalten zu wenige Quellen, oder es fehlt an Vielfalt. Eine gut recherchierte Arbeit sollte neben Kommentaren und Lehrbüchern auch Festschriften, Zeitschriften und aktuelle Urteilsanmerkungen berücksichtigen. Einseitige Verzeichnisse, bei denen beispielsweise 70 % der Fußnoten aus demselben Kommentar stammen, hinterlassen einen negativen Eindruck.
• Probleme mit Fußnoten: Häufige Fehler sind uneinheitliche Formatierung, fehlende Seitenangaben oder das Setzen der Fußnote an der falschen Stelle. Zudem werden wichtige Argumente oder Definitionen nicht mit Quellen belegt.
• Unzureichende Nutzung der Seitenanzahl: Wenn Studierende die maximale Seitenanzahl nicht ausschöpfen, wird dies oft als Indikator für oberflächliche Bearbeitung oder fehlende Tatbestände gewertet.
Unsere Empfehlung: Ein fehlerfreies und gut strukturiertes Literatur- und Fußnotensystem ist unerlässlich. Hierfür lohnt sich die Investition in Hilfsmittel wie Literaturverwaltungsprogramme oder Tools zur Textüberprüfung.
2. Schwächen in der Schwerpunktsetzung
Eine der häufigsten Ursachen für negative Bewertungen ist die mangelhafte Schwerpunktsetzung. Hausarbeiten sollen zentrale Fragestellungen des Sachverhalts tiefgehend behandeln. Doch in der Praxis zeigen sich folgende Probleme:
• Übersehen von Kernproblemen: Wichtige Tatbestände oder Streitfragen werden ignoriert. Beispielsweise wird häufig versäumt, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die Angemessenheit ausführlich darzustellen.
• Oberflächliche Behandlung von Schwerpunkten: Selbst wenn zentrale Aspekte erkannt werden, bleiben die Ausführungen oft zu knapp. Dies führt zu Punktverlusten, insbesondere im Öffentlichen Recht, wo Verhältnismäßigkeitsprüfungen häufig Schwerpunkte bilden.
• Fehlende Differenzierungen: Maßnahmen oder Tatbestände werden nicht getrennt geprüft, sondern zusammengefasst. Beispielsweise wird bei polizeilichen Maßnahmen nicht zwischen Eingriffen in Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG differenziert.
Unsere Empfehlung: Ein Schwerpunkt muss klar erkennbar und tiefgehend ausgearbeitet sein. Wichtig ist, dass jeder Sachverhaltsaspekt einzeln geprüft wird.
3. Probleme mit dem Gutachtenstil
Das Beherrschen des Gutachtenstils ist eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche juristische Arbeit. Dennoch zeigen unsere Analysen, dass dieser Stil oft nicht konsequent angewandt wird:
• Fehlende Subsumtion und Ergebnissätze: Häufig enden Abschnitte nach einer Definition, ohne die Subsumtion auf den Sachverhalt anzuwenden oder ein Ergebnis zu formulieren.
• Unklare Obersätze: Die Einleitung eines Prüfungspunktes ist oft zu allgemein oder falsch formuliert, was die Klarheit der Argumentation beeinträchtigt.
• Unstrukturierte Argumentationen: Streitfragen werden nicht systematisch behandelt, wodurch die Argumentation unübersichtlich wirkt.
Unsere Empfehlung: Der Gutachtenstil sollte konsequent angewandt werden: Obersatz, Definition, Subsumtion, Ergebnis. Übungsklausuren helfen, diesen Ablauf zu verinnerlichen.
4. Fehlende Meinungsstreitigkeiten
Juristische Hausarbeiten erfordern die Auseinandersetzung mit Meinungsstreitigkeiten, um die eigene Argumentation zu stützen. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch:
• Übersehen von Streitfragen: Häufig werden zentrale Meinungsverschiedenheiten in der Literatur nicht erkannt oder bearbeitet.
• Fehlende Argumentationstiefe: Meinungen werden oft nur kurz erwähnt, ohne Vor- und Nachteile abzuwägen oder mit der eigenen Argumentation zu verknüpfen.
Unsere Empfehlung: Meinungsstreitigkeiten sollten systematisch behandelt werden. Ein Standardsatzbau wie „Für diese Auffassung spricht…, gegen diese Auffassung spricht…“ hilft, Argumentationen prägnant und klar zu formulieren.
5. Fehlende Sachverhaltsauswertung
Ein vollständiger Sachverhalt ist die Grundlage jeder juristischen Prüfung. Dennoch zeigen sich immer wieder Lücken in der Auswertung:
• Unzureichende Analyse des Sachverhalts: Häufig wird der Sachverhalt nicht ausgeschöpft, und relevante Hinweise bleiben unberücksichtigt.
• Unvollständige Prüfung von Tatbeständen: Insbesondere im Strafrecht werden Tatbestände übersehen oder nicht vollständig geprüft.
Unsere Empfehlung: Der Sachverhalt sollte vor der Bearbeitung gründlich analysiert und markiert werden. Eine Checkliste hilft, alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen.