Im Strafrecht ist es keine Seltenheit, dass sogenannte „Rennfahrerklausuren“ vorkommen – d.h.: Es muss eine große Anzahl von Tatkomplexen, Normen und Problemstellungen in relativ kurzer Zeit abgearbeitet werden.
Woran erkennt man eine Rennfahrerklausur?
Man erkennt eine Rennfahrerklausuren an diesen Merkmalen:
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mehrere Tatbestände, häufig mit Überschneidungen
(z. B. Tateinheit/Tatmehrheit, Konkurrenzfragen, StPO-Zusatzfrage) -
hoher Zeitdruck: Viel Stoff auf wenig Zeit, Mehrere Tatkomplexe und mehrere Personen
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daher wird nicht in jedem Teil gleich ausführlich geprüft – eine angemessene Gewichtung und effizientes Arbeiten sind entscheidend.
Das heißt für dich: Es reicht nicht, einfach alle Normen zu erkennen und sauber zu prüfen – du musst auch schnell, präzise und mit einer guten Zeitverteilung arbeiten.
Ausführlicher Anfang, knapperes Ende – und warum das ein Problem ist
In vielen Bearbeitungen zeigt sich ein typisches Muster: Zu Beginn der Klausur wird sehr viel Zeit in die Analyse und Subsumtion investiert – das ist grundsätzlich positiv, weil die Arbeit gründlich wirkt. Allerdings fällt auf, dass die Ausführungen im weiteren Verlauf oft knapper und oberflächlicher werden. Gegen Ende bleiben wichtige Gedanken manchmal unausgeführt, Problemsubsumtionen werden verkürzt oder ausgelassen – das führt zu einer ungleichmäßigen Qualität.
Warum ist das problematisch?
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Der Korrektor bekommt den Eindruck, dass in den späteren Tatkomplexen „nur noch durchgegangen“ wird, statt tief gearbeitet.
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Eine starke Ausarbeitung am Anfang ist gut – aber wenn am Ende die Bearbeitung „abfällt“, wirkt das insgesamt weniger souverän.
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Gerade in Rennfahrerklausuren reicht es nicht, einzelne Tatkomplexe perfekt zu bearbeiten – es zählt, dass alle Komplexe angemessen behandelt werden. Wenn du den letzten Abschnitt nur noch knapp machst, verlierst du systematisch Punktchancen. Daher überlege dir vorher, welche Prüfungsfragen wann intensiv bearbeitet werden.
Warum eine gleichmäßige Qualität über die gesamte Bearbeitung hinweg so wichtig ist
Eine Bearbeitung, die im ersten Teil stark beginnt und im weiteren Verlauf an Tiefe verliert, hinterlässt beim Korrektor häufig folgende Eindrücke:
- Der Sachverhalt wurde zunächst gründlich bearbeitet, gegen Ende jedoch unter Zeitdruck fortgeführt, was zu Ungenauigkeiten, Auslassungen oder fehlender Tiefe führen kann.
- Gleichmäßig ausgearbeitete Tatkomplexe wirken strukturierter und vermitteln Sicherheit im Umgang mit dem Stoff.
- Kleinere Unsauberkeiten fallen weniger ins Gewicht, wenn Stil und Aufbau über die gesamte Bearbeitung hinweg konstant bleiben.
- In späteren Tatkomplexen bestehen oft noch Punktchancen, die verloren gehen, wenn diese Abschnitte verkürzt oder ausgelassen werden.
Strategische Verbesserung: Zeitbudget pro Tatkomplex setzen
Um künftig gleichmäßiger und strukturierter zu arbeiten, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
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Zu Beginn der Bearbeitung bewusst ein Zeitbudget pro Tatkomplex setzen
Sobald der Sachverhalt gelesen ist und klar ist, wie viele Tatkomplexe zu bearbeiten sind, sollte überlegt werden, wie viel Zeit insgesamt zur Verfügung steht und wie diese anteilig verteilt werden kann. Eine solche bewusste Zeitplanung trägt dazu bei, die Bearbeitung gleichmäßig zu strukturieren und nicht zu viel Zeit in den ersten Tatkomplex zu investieren. Beachte dabei aber auch, dass du genügend Zeit für das Ausschreiben einplanst. -
Lösungsskizze knapp halten – Gliederung + Markierung der Probleme
Ein häufiger Fehler besteht darin, zu viel Zeit in die Skizze zu investieren. Viele verlieren wertvolle Minuten, weil sie Details ausformulieren, die später ohnehin selbstverständlich sind. Anschließend solltest du die Skizze kritisch durchsehen und überlegen, welche Punkte du beim Schreiben ohnehin abrufen kannst und daher gar nicht erst notieren musst. Dieses Training hilft dir, deine Skizzen deutlich schlanker, effizienter und damit klausurtauglicher zu machen.
Tipp: Sinnvoll ist daher ein gezieltes Skizzentraining: Übe mit bekannten Fällen und stelle dir einen Timer auf 15–30 Minuten (abhängig vom Umfang der Klausur). In dieser Zeit erstellst du ausschließlich die grobe Gliederung und markierst die zentralen Problemfelder – nicht mehr. -
Zeitverlauf während der Bearbeitung aktiv überwachen
Während der Bearbeitung sollte der Zeitverlauf regelmäßig überprüft werden. Frage dich zwischendurch: „Liege ich noch im Zeitplan?“ Wenn sich zeigt, dass ein Großteil des Zeitbudgets bereits für den ersten Tatkomplex aufgebraucht ist, sollte der Bearbeitungsrhythmus entsprechend angepasst werden. Es ist besser, einzelne Abschnitte etwas knapper zu halten, als andere Tatkomplexe zu stark zu vernachlässigen. -
Konsequentes Weiterarbeiten – auch wenn ein Abschnitt nicht perfekt wird
Gerade bei Rennfahrerklausuren gilt: Besser eine komplette Lösung mit gleichmäßiger Qualität als ein perfekter Anfang und ein abruptes Ende. Wenn du merkst, dass ein Problem dir viel Zeit kostet, kannst du kurz auf die wesentlichsten Argumente kommen und danach zügig weiterarbeiten – statt dort zu verharren.
Übungs- und Trainingsstrategie
Um die Verbesserungen auch in der Prüfungssituation umzusetzen, bietet sich folgendes Training an:
- Schreibe regelmäßig Übungsklausuren im Stil einer Rennfahrerklausur (mehrere Tatkomplexe, begrenzte Zeitvorgabe).
- Stelle von Beginn an einen Timer und halte dich konsequent an dein festgelegtes Zeitbudget.
- Führe nach jeder Klausur eine Auswertung durch: Welche Tatkomplexe haben wie viel Zeit beansprucht? Wo kam es zu Verzögerungen oder Überschreitungen?
- Reflektiere, in welchen Abschnitten du zu ausführlich oder zu knapp gearbeitet hast – und warum.
- Passe dein Zeitbudget und deine Skizzentechnik anschließend gezielt an.
- Übe, deine Lösungsskizzen so präzise wie möglich zu gestalten: klare Gliederung, Problemkennzeichnung und Zeiteinschätzung – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Fazit
Die besondere Herausforderung von „Rennfahrerklausuren“ im Strafrecht liegt nicht nur im Stoff, sondern in der Kombination aus vielen Prüfungsgegenständen und wenig Zeit. Wenn du bereits gründlich startest, ist das eine gute Basis – entscheidend ist aber, dass du die Bearbeitung gleichmäßig durchziehst und nicht erst stark beginnst und am Ende merklich nachlässt. Ein bewusstes Zeitbudget pro Tatkomplex, eine effiziente Skizze und eine konsequente Schreibphase sind die Schlüssel zu einer konstant guten Leistung. Mit regelmäßigem Training im echten Zeitrhythmus und ehrlicher Auswertung wirst du deine Klausurtechnik spürbar verbessern.

