Eine Änderung des Verteilungsschlüssels bei der Abrechnung der Betriebskosten ist nur bei Unzumutbarkeit zulässig

Eine Änderung des Verteilungsschlüssels bei der Abrechnung der Betriebskosten ist nur bei Unzumutbarkeit zulässig

AG Hanau, Urt. v. 15.08.2025 – 32 C 16/25

Die Frage, nach welchem Schlüssel Betriebskosten zwischen Mieter und Vermieter verteilt werden, ist ein Dauerbrenner im Mietrecht. Das Amtsgericht Hanau hat klargestellt: Ein einmal festgelegter Verteilungsschlüssel bleibt verbindlich – eine spätere einseitige Änderung durch den Vermieter ist nur in engen Grenzen möglich.

 

Sachverhalt

Eine Vermieterin verlangte von einem Mieter Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen sowie Ausgleich von Mietrückständen. Dabei hatte sie den bisherigen Verteilungsschlüssel teilweise geändert: Anstelle der Zahl der Bewohner legte sie nunmehr bei einzelnen Kostenpositionen die Wohnfläche zugrunde. Für den Mieter bedeutete das eine deutliche Mehrbelastung. Er rechnete die Abrechnungen nach dem alten Schlüssel nach, kam teilweise auf Guthaben und verrechnete diese mit den Forderungen der Vermieterin.

 

Entscheidung des AG Hanau

Das Gericht wies die Nachforderungen weitgehend zurück und stellte fest:

  • Bindungswirkung des Verteilungsschlüssels: Der Vermieter legt sich mit der ersten Betriebskostenabrechnung auf einen Schlüssel fest. Dieser gilt auch für die Zukunft, solange beide Parteien nichts anderes vereinbaren.

  • Einseitige Änderung nur bei Unzumutbarkeit: Eine Anpassung durch den Vermieter ist nur möglich, wenn die Fortführung des bisherigen Schlüssels unzumutbar ist.

  • Keine Unzumutbarkeit erkennbar: Zwar sei die Ermittlung der Personenzahl schwierig, jedoch hatte die Vermieterin bei anderen Positionen weiterhin nach Personen abgerechnet. Das Argument war daher widersprüchlich.

  • Rechtsfolgen: Die geänderte Abrechnung führte zu überhöhten Nachforderungen. Der Mieter durfte deshalb mit seinen rechnerisch ermittelten Guthaben aufrechnen. Außerdem konnte er die ihm entstandenen Anwaltskosten wegen fehlerhafter Abrechnungen in Abzug bringen.

 

Bedeutung für die Praxis

Für Mieter schafft die Entscheidung Klarheit: Wer einmal nach einem bestimmten Schlüssel abgerechnet wurde, kann auf dessen Fortführung vertrauen. Vermieter sind an die ursprüngliche Berechnungsmethode gebunden. Nur wenn der gewählte Schlüssel objektiv unpraktikabel oder unbillig ist, dürfen sie einseitig umstellen.

Für die Praxis bedeutet dies:

  • Mieter sollten Abrechnungen prüfen, ob ein Wechsel des Schlüssels ohne ihre Zustimmung vorgenommen wurde.

  • Vermieter müssen gute Gründe nachweisen, wenn sie den Schlüssel ändern wollen. „Praktische Schwierigkeiten“ genügen nicht.

 

Fazit

Das AG Hanau verdeutlicht: Die Rechtssicherheit im Mietverhältnis geht vor. Änderungen beim Verteilungsschlüssel für Betriebskosten sind nur mit Zustimmung beider Parteien oder bei objektiver Unzumutbarkeit zulässig. Andernfalls sind die Abrechnungen fehlerhaft und können sogar Schadensersatzansprüche der Mieter auslösen.

 

Prüfungsrelevanz

  • § 556a BGB (Verteilung der Betriebskosten).

  • Grundsatz der Bindung an den einmal gewählten Verteilungsschlüssel.

  • Voraussetzungen und Grenzen einer einseitigen Änderung durch den Vermieter.

  • Aufrechnung von Guthaben des Mieters gegen Nachforderungen des Vermieters (§ 387 BGB).


Ein examensnaher Fall für das Mietrecht, besonders für Zivilrechtsklausuren im 1. Examen und praxisrelevant im Referendariat.

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